In der Pressemitteilung zu der Gruppenausstellung »One World« heißt es: »Es soll eine Vielzahl fotografischer, zeitgemäßer Phänomene aufgezeigt werden. Die Veränderungen der Lebensräume für Mensch und Tier werden in Bildern mit symbolhafter Wirkung aufgezeigt.«
In diesem Sinne stellen wir Ihnen heute im »Horizonte-Countdown« Toby Binder und seine Arbeit »Maracanã« vor. In Zingst zu sehen ab dem 24. Mai im Rahmen des siebten Umweltfotofestivals »Horizonte Zingst«. Viel Spaß!
WAS
»Im Schatten des Maracanã« – welche Folgen hat die Vergabe der Fußball-WM an Brasilien und die damit verbundene Erneuerung des legendären Maracanã-Stadions für die Bewohner der unmittelbar benachbarten Favela Mangueira.
WO
Brasilien, Rio de Janeiro, Maracanã / Mangueira
WARUM
Als die Fußball-WM nach Brasilien vergeben wurde, war die Begeisterung zunächst riesig – Fußball im Land der Fußballwahnsinnigen…!
Doch schon während des Confed-Cups bahnten sich massive Proteste ihren Weg und brachten die Verärgerung über zu viele und zu teure Stadien – die entgegen erster Versprechen aus Steuergeldern finanziert wurden – während v.a. der öffentliche Nahverkehr, das Bildungs· und Gesundheitssystem weiter vor sich hindarben, zum Ausdruck. Während diese Proteste zum Großteil von Studenten und der Mittelschicht getragen wurden, waren Bewohner der ärmeren Stadtteile kaum vertreten und dies, obwohl etwa ein Drittel der Cariocas in Favelas lebt. Aber das seit Jahrzehnten eingeimpfte Gefühl, sowieso nichts an den Zuständen ändern zu können und die Empfindung, dass sich die Mächtigen das Geld gegenseitig in die Taschen stopfen, lähmte die Menschen zunächst.
Langsam finden sie ihre Stimme wieder. Ich habe daher drei Bewohner der direkt am Maracanã gelegenen Favela Mangueira portraitiert und ihre Verärgerung und Hoffnung, die in Zusammenhang mit der Erneuerung des Stadions stehen, dokumentiert – ihren rauen Alltag dem glattgeschliffenen und entmystifizierten Fußballtempel visuell gegenübergestellt.
Jorge da Silva Machado wurde in Mangueira geboren und hat als einfacher Arbeiter schon am ursprünglichen Maracanã mitgebaut. Er ist ein leidenschaftlicher Flamenco-Fan und war eigentlich auch immer regelmäßig im Stadion – bis vor kurzem waren Tickets für 10 Reias zu bekommen, inzwischen wurden die Preise, den verschiedenen Umbauphasen angepasst, auf 50 bis 140 Reais angehoben. Zu viel für Jorge. Die Preise für Tickets während des WM-Turniers liegen sowieso für einen Großteil aller Brasilianer jenseits jeder Erschwinglichkeit. Daher wird er die Spiele der WM zusammen mit etlichen Freunden auf seiner Terrasse hoch über dem Stadion miterleben. Die Geräuschkulisse zum Spiel werden sie dabei live aus dem Stadion herüberschallen hören.
Lucas Guilherme da Silva Mariins ist neun Jahre alt. Auch er wurde hier geboren und spielt in einem vielversprechenden Nachwuchsteam. Auf seinem Schulweg passiert er täglich das Stadion, an das für die WM so viele Hoffnungen geknüpft sind. Er sagt aber, für ihn ist die einzige Möglichkeit das Stadion von innen zu sehen, wenn er es einmal in den Profikader schaffen sollte.
Silvio Rocha hatte ein kleines Haus direkt am Maracanã. Während der Großteil Mangueiras von der Bahnlinie vom Stadion getrennt und somit außerhalb des Fokus der Stadtoberen liegt, hatte Silvio das Pech, dass auf seinem Grundstück ein Parkplatz entstehen soll. Da viele der illegal errichtenten Häuser noch nicht legalisiert sind, wurde kurzer Prozess gemacht und sein Haus einfach abgerissen. Dass der inzwischen neu an die Macht gekonnmene Gouverneur den Parklpatz für überflüssig hält und nicht mehr bauen möchte, ist nur eine Randnotiz.
Maracanã und Mangueira liegen nur wenige hundert Meter voneinander entfernt und trotzdem trennen die beiden Orte Welten.
WIE
Klick.
WER
Toby Binder ist Bildjournalist durch und durch – immer auf der Suche nach dem außergewöhnlichen Bild in jedem Thema. Ein Prinzip, das er sowohl für seine sozial engagierten Reportagen anwendet, als auch für sein stets wiederkehrendes und sehr persönliches Lieblingsthema – dem Fußball. So etwa auch in seinem jüngsten Großprojekt: Für eine Vereinschronik begleitete er »seinen« Verein, den VfB Stuttgart über ein Jahr lang. Toby Binder lebt in München und ist gerade aus Brasilien zurück gekommen, wo seine Serie »Maracanã« entstanden ist – zu sehen auch in der nächsten Ausgabe des Fußballmagazins »11 Freunde«.
P.S.:
fotogloria vertritt Toby Binder weltweit. Über fotogloria können Sie ihn gerne für Ihre Ideen und Aufträge buchen – melden Sie sich jederzeit unter 040 609 42 906 -0 oder info@fotogloria.de.