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#FacesOfPhotography – Teil 132: Andreas Krufczik aus Berlin

Andreas Krufczik hat die Zeit genutzt, um einen Dokumentarfilm zu realisieren. Darüber hinaus ist er froh, weiter fotografisch arbeiten zu können. Was ihm außerdem durch den Kopf geht, daüber hat er mit den #FacesOfPhotography gesprochen:

Andreas, wie geht es Dir?
Mir geht es sehr gut. Natürlich fehlt auch mir mehr und mehr der persönliche, soziale Umgang.
Ich würde sehr gerne auch mal wieder ausgiebig durch eine Fotoausstellung flanieren. Auch wenn ich es toll finde, das Museen und Einrichtungen digitale Ausstellungen anbieten. Ein Foto und erst recht eine ganze Ausstellung will aber an der Wand betrachtet werden. Das wird sich ja hoffentlich bald ändern.

Was macht der Job in diesen Zeiten?
Im ersten Lockdown sind von jetzt auf gleich erst einmal alle Jobs gecancelt worden. Das war natürlich nicht so schön. Es gab mir aber die Zeit mich um Liegengebliebenes zu kümmern. Aber irgendwann war mein Archiv aufgeräumt, die Webseite aktuell, meine Software auf dem neusten Stand und das Equipment gepflegt. Dann wurde es schnell öde.
Glücklicherweise war da aber noch das eine Projekt, das ich schon eine Weile mit mir rumtrug. Ich fotografiere schon seit einiger Zeit an einem freien Projekt im Spreewald. Bei einem meiner Streifzüge durch diese schöne Landschaft, lernte ich den letzten Kahnbaumeister kennen. Er baut die Kähne, noch auf die traditionelle Art, ganz aus Holz. So richtig, mit Holzplanken über Feuer biegen undsoweiter. Es ist sehr faszinierend, ihm beim Arbeiten zuzusehen. Jeder Handgriff sitzt. Alles läuft so routiniert ab und mit einer Leichtigkeit, daß man fast denken möchte, jeder könne so einen Kahn bauen.
Ich überlegte lange, wie ich diese Virtuosität, das Handwerk, die Kultur aber auch die Landschaft in Bilder übersetzten kann. Ich entschied mich schlussendlich gegen die Fotografie und für einen Film. Also einen Dokumentarfilm. Die Grenzen im Genre »Dokumentarfilm« sind ja erfreulich weit gesteckt. Mit diesem Projekt möchte ich gerne auch sehr weit gehen. Vielleicht eine Art moderne Heimatdoku. Wenig Pathos, viel Raum für das Publikum diese Einheit aus Kultur, Handwerk und Landschaft zu erfahren.
Ich tat mich mit einem befreundetem Kameramann zusammen, wir bemühten uns um ein Sponsoring für ordentliche Kameratechnik und arbeiten seitdem daran.
Das ist sehr aufregend und auch fordernd. Ich habe dokumentarische Fotografie studiert. So kenne ich das intensive und langfristige Arbeiten an einem Projekt schon. Die Erzählweise beim Filmen ist aber schon gänzlich eine Andere als beim Fotografieren. Mal ganz abgesehen von der Technik! Die ist auch kaum mit der Technik in der Fotografie zu vergleichen. Seitdem hat die Ödnis ihr Ende gefunden – ein Glück!
Seit Juli und August ging es dann auch wieder mit den Jobs los. Das ist zwar alles auf einem niedrigerem Niveau als vorher aber das passt schon.

Was ist die Fotografie für Dich?
Nun ja, ich könnte hier ganz pathetisch schreiben, es sei mein Lebenselixier, Leidenschaft undsoweiter. Tatsächlich brauche ich diese immer wiederkehrende Herausforderung zu erkennen, was ich vor meiner Linse habe. Dieses Zusammenspiel zwischen dem Objekt, der Persönlichkeit, der Situation, mir und meiner Kamera. Zu sehen wie sich ein Bild entwickelt und wie sich Bild für Bild zu einer Serie zusammenfügt. Das ist schon toll!
Und es macht mir halt auch riesig Freude zu sehen wie sich meine Fotografie insgesamt immer weiter entwickelt. Ich denke es ist diese Spannung die ich brauche.

Wird sich die Fotografie im Zuge der Pandemie verändern?
Irgendwie läuft es ja trotz der Pandemie. Es fühlt sich zur Zeit nur ein wenig so an, als wolle man im  ersten Gang 50km/h fahren.
Alles in allem geht es uns weitaus besser als vielen anderen in ihren Branchen. Ich bin sehr froh das ich arbeiten kann! Ich glaube aber kaum, daß sich die Branche wesentlich verändern wird. Vielleicht hat sich der Trend, hin zu Social Media seit der Pandemie noch mehr verfestigt. Ich will aber keine allzu überzeugte Aussagen wagen.

Was ist Dein persönlicher fotografischer Wunsch für die Zukunft?
Viel und vor allem schönes Licht. Dort wo ich es brauche und so wie ich es brauche.

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#FacesOfPhotography – Teil 119: Jörg Brüggemann aus Berlin

Ausstellungen, zwei Buchpublikationen, Aufträge und seine Lehrtätigkeit in der Ostkreuzschule – für Jörg Brüggemann war 2020 ein gutes Jahr. Warum er optimistisch in die Zukunft schaut und was sein fotografischer Wunsch für dieselbe ist, darüber hat er mit den #FacesOfPhotography gesprochen:

Jörg, wie geht es Dir?
Jeden Tag ein bisschen anders und meistens gut.

Was hat sich bei Dir in den vergangenen Wochen und Monaten beruflich getan?

Ich hatte das Glück, dass alle großen Aufträge, für die ich bereits Anfang letzten Jahres gebucht war, nur aufgeschoben, aber nicht aufgehoben wurden und während des ersten Lockdowns kam dann noch ein wöchentliches Tagebuch für arte.tv dazu. Daneben haben ich mich viel um die Präsentation meiner freien Projekte gekümmert, die ich in den Jahren davor fotografiert hatte. Im Februar habe ich das Buch »Freundschaft« zusammen mit Tobias Kruse im Kerber Verlag verlegt und im September meine Monografie »Autobahn« bei Hartmann Books. Beide sind mittlerweile fast ausverkauft. Im Spätsommer habe ich mit »wie lange noch« im Zephyr Mannheim meine erste Einzelausstellung eröffnet und einen Monat später gemeinsam mit meinen Ostkreuz-Kollegen die Gemeinschaftsausstellung »Kontinent – Auf der Suche nach Europa« in der Akademie der Künste, die jetzt beide leider geschlossen sind, aber hoffentlich auf Grund Ihrer langen Laufzeit nochmal öffen können. Darüberhinaus bin ich seit zwei Jahren zusammen mit Anne Schönharting Co-Geschäfstführer bei der Agentur Ostkreuz. Auch die Agentur kommt bisher sehr gut durch diese Zeit, weil unsere Solidargemeinschaft funktioniert. Und seit zwei Jahren unterrichte ich eine Basisklasse an der Ostkreuzschule, was zum Glück auch letztes Jahr weiter möglich war. Wenn ich das alles so aufschreibe, merke ich, wieviel ich arbeiten konnte in 2020. Beruflich war es ein tolles Jahr und privat auch.

A7. Aus »Autobahn« (Buch erschienen bei Hartmann Books und zu sehen zu sehen in der Ausstellung »wie lange noch« im Zephyr Mannheim, bis zum 24.05.2021)

Was ist die Fotografie für Dich?
Liebe, Luxus und Lebensunterhalt.

Hat sich Deine Fotografie beziehungsweise Dein Blick auf Deine Fotografie im Laufe der Pandemie verändert?

Ich glaube, das kann ich erst danach sagen. Letztes Jahr habe ich für meine Verhältnisse relativ wenig frei fotografiert, weil ich mit Aufträgen, Büchern, Ausstellungen, Ostkreuz und dem Unterrichten ausgelastet war. Ich freu mich darauf dieses Jahr wieder mehr zu knipsen und schaue mal was da kommt.

Wird die Pandemie Auswirkungen auf die Fotografie generell haben?

Ja, klar. Fotografie spiegelt Zeitgeist und entwickelt sich mit der Gesellschaft weiter. Diese Pandemie ist längst Zeitgeist und Entwicklungsbescheuniger zugleich.

Hunde. Aus »Mi Madre Tiene Novio« (Zu sehen in der Ausstellung »wie lange noch« im Zephyr Mannheim, noch bis zum 24.05.2021)

Und auf die Branche?
Die Fotografie ist so vielschichtig und hat so viele Teilbranchen, dass es schwer ist das zu verallgemeinern. Manches wird wieder verschwinden, anderes wachsen oder neu dazukommen. Wie in alle Bereichen beschleunigt die Pandemie Entwicklungen, die eh schon da waren oder sich abgezeichnet haben. Das Digitale als Präsentationsform ist wichtiger geworden und wird es wohl auch bleiben. Print entwickelt sich immer mehr vom Mainstreammedium zum Nischenprodukt, wird aber niemals ganz verschwinden. Insgesamt wird der Bedarf an Bildern ja immer größer, weil unsere Kommunikation in einer globalisierten und digitalisierten Welt immer visueller wird. Insofern blicke ich optimistisch in die Zukunft.

Demonstration im Gedenken an den ermordeten Journalisten Ján Kuciak, Bratislava, Solwakei, 16.03.2018. Aus »Eurovision« (Zu sehen in der Ostkreuz-Geminschaftsausstellung »Kontinent – Auf der Suche nach Europa« in der Akademie der Künste am Paris Platz)

Last but not least: Was ist Dein persönlicher fotografischer Wunsch für die Zeit die da kommen wird?
Der selbe wie immer: Ein gutes Bild am Tag.

Valparaiso, Chile, 28.10.2019. Aus »El Derecho de Vivir en Paz« (Zu sehen in der Ausstellung »wie lange noch« im Zephyr Mannheim, noch bis zum 24.05.2021).

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Das Portrait von Jörg hat Sebastian Wells fotografiert.

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#FacesOfPhotography – Teil 117: Barbara Wolff aus Berlin

Barbara Wolff fotografiert seit 2018 ihre Heimatstadt Berlin. Im Februar 2020 blieb durch den ersten Lockdown mit ebenjenen Bildern eine Ausstellung nahezu ungesehen. Ihre Antwort darauf hat sie im vergangenen Herbst herausgebracht – ein Buch mit dem Titel »Metropolis, Berlin«. Darüber und über die Bedeutung der Fotografie für sie ganz persönlich hat sie mit den #FacesOfPhotography gesprochen:

Barbara, wie geht es Dir?
Ich kann nicht sagen, dass es mir wunderbar geht. Die ganze Weltlage hat mich von Anfang an sehr beschäftigt – global wie in meinem persönlichen Leben. Es hat sich ja so vieles geändert! Mein täglicher Rhythmus ist auch ein anderer geworden, der Tag ist jetzt strukturierter. Ich achte sehr bewusst darauf, dass es eine Balance gibt zwischen Arbeit – Kommunikation – Bewegung, aber auch Genuss – Freude – Entspannung. Manchmal gelingt es. Das war mir »vorher« nicht so bewusst. Da haben Termine, Events, Begegnungen die Tage einfach ausgefüllt.

Was ist die Fotografie für Dich?
Die Fotografie ist mein Leben. Seit vielen Jahren arbeite ich als Vermittler zwischen Fotoindustrie und Fotografen, auch als Lehrende im Bereich Fotografie, und – immer wichtiger geworden – an eigenen Projekten und Themen. »Es sind die Bilder, die bleiben«. Das war auch der Titel meiner letzten Ausstellung 2020 in Berlin.

Du hast 2020 ein Buch herausgebracht – was hat es damit auf sich?
Seit 2018 habe ich meine Berlin-Bilder der Metropolis-Serie auf Instagram gepostet. In meinen Fotografien geht es nicht um die klassischen Stadtansichten, es geht um meine Sicht auf Berlin. Die Bilder erzählen von Bewohnern und ihrem urbanen Umfeld. Die »Likes« und die wachsende Anzahl der Follower hat meine Arbeit sehr beflügelt.
Ein Teil der Aufnahmen wurden in der Ausstellung »Es sind die Bilder, die bleiben« bei Lunik Berlin gezeigt. Die Vernissage war am 28. Februar 2020. In der Nacht davor gab es die ersten Corona Hotspots in Berliner Clubs, aber das haben wir erst eine Woche später erfahren. Und dann war ja alles zu. Nach meiner ersten Sprachlosigkeit habe ich weiter meine Stadt Berlin fotografiert, jetzt hatten sich die Motive verändert und meine Wahrnehmung auch.
Als die geplante Ausstellung in Arles sowie eine Präsentation in Paris – beides mit der Collection Regard Berlin – abgesagt wurden, habe ich das Buch »METROPOLIS, BERLIN« gemacht.

War 2020 ein gutes Jahr für Fotobücher?
Das kann ich nicht global beantworten. Mein Buch war meine Antwort auf abgesagte Ausstellungen 2020. Es erschien mir als einzig mögliche Präsentationsform. Ein Buch in der Hand zu halten ist letztendlich doch ein intensiveres Erlebnis als eine Online-Präsentation, natürlich auch für die Fotografin selbst. Vor Corona hatte ich daran nicht gedacht, ein Buch zu machen. Ich habe viel Unterstützung von Lunik Berlin erhalten, eher bekannt für Foto- und Filmproduktionen. Lunik hat sich mit dem Publishing Bereich ein neues Feld erschlossen – und ich hatte einen Partner, der mich bei der Produktion sowie im Vertrieb toll unterstützt hat.

Hat die Pandemie Deine Fotografie beziehungsweise Deinen Blick auf die Fotografie generell verändert?

Ja, das hat sie. Mir ist noch mehr bewusst geworden, was Fotografie für mich eigentlich bedeutet – nämlich Zeugnis über seine Zeit abzulegen. Die Pandemie hat mir auch gezeigt, wie wertvoll auf einmal all die Fotografien werden, die auf den grenzenlosen Reisen entstanden sind. Für mich war etwa das Jahr 2019 ein Reisejahr. Die Bilder, die in Amazonia, Brasilien entstanden sind, sind jetzt kostbare Schätze für mich.

Was ist Dein persönlicher fotografischer Wunsch für die Zukunft?
Im Moment arbeite ich an einer Ausstellung mit den Metropolis-Bildern in der Collection Regard Berlin. Ich fertige dafür klassische Baryt Vergrößerungen an. Ich hoffe, die Ausstellung kann auch mit Besuchern stattfinden. Das setzt voraus, das wir die Pandemie überwinden.

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Das Buch Metropolis Berlin von Barbara Wolff

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#FacesOfPhotography – Teil 109: Christian Klant aus Berlin

Als der Lockdown begann, wurde Christian Klant über Nacht zum ausschließlichen Vater und Hausmann. Danach folgte ein Sommer der Reisen und Workshops. Darüber und noch über vieles mehr haben die #FacesOfPhotography mit ihm gesprochen:

Was bedeutet Dir die Fotografie?
Oh, die Fotografie. Die bedeutet mir eine ganze Menge. Sie ist mein Beruf, meine Leidenschaft und mein künstlerisches Medium zugleich. Ich bin immer wieder aufs Neue fasziniert davon, wie vielfältig die Fotografie sein kann und dass es selbst nach vielen Intensiven Jahren doch immer wieder Neues zu entdecken und zu lernen gibt. Wunderbar ist es auch, sich mit Menschen auszutauschen, die die gleiche Leidenschaft teilen.

Was hast Du fotografisch in den letzten Wochen und Monaten erlebt?
Es war eine rasante Achterbahnfahrt. Bei mir sind fast schon traditionell die ersten zwei Monate des Jahres sehr ruhig. Diese Zeit nutze ich dazu Ruhe zu tanken, Neues auszuprobieren, freie Projekte zu entwickeln oder auch einmal etwas zu machen, was weniger mit Fotografie zu tun hat.
Ab März geht es dann wieder los. Und das ging es dann auch. Schlagartig und unerwartet in vielerlei Hinsicht. Ich habe die Wolke kommen sehen, mit Regen gerechnet. Aber das Gewitter, das dann kam war anders, als gedacht.
Alle – und ich meine wirklich alle – meiner Brot-und-Butter-Jobs wurden abgesagt. Mit der Schließung der Kitas bin ich fast über Nacht zum Hausmann geworden. Zuerst habe ich versucht, morgens ab 4:00 Uhr und abends ab 22:00 Uhr an einem Plan B zu arbeiten. Nach einer Woche habe ich realisiert, dass das weder gesund noch zielführend ist. Glücklicherweise konnte meine Frau – sie ist Osteopathin – ihre Praxis weiter geöffnet halten und fast normal weiterarbeiten. Ich habe mich dann damit arrangiert, bis auf weiteres alle fotografischen und beruflichen Ambitionen ruhen zu lassen.
Das war eine gute Entscheidung und im Nachhinein waren die Monate, die ich so eng mit unserer Tochter verbringen konnte, ein Geschenk und hat uns beiden viel gegeben.
Hin und wieder habe ich mir dann einen Tag „frei genommen“ und bin in der Dunkelkammer verschwunden oder habe einen Tag mit meiner Plattenkamera im Wald verbracht. Das hatte einen wahrhaft therapeutischen Wert für mich.
Im Juli war ich dann vier Wochen auf Tour. Für ein freies Projekt in Slowenien, Klettern in Österreich, Workshop und freie Arbeit in Frankreich. Es war eine wahre Befreiung wieder reisen zu können.

»Mein persönliches „Corona-Bild“. Ich habe es gemacht, als ich das erste Mal alleine im Lockdown im Wald verschwunden bin. Es spiegelt für mich das Fragile in unserer Gesellschaft wider, das sich gerade mit und durch Corona gezeigt hat und immer noch zeigt.«

Woran arbeitest Du aktuell – frei und als Job?
Auch, wenn der ein oder andere normale Job wieder stattgefunden hat, hat der Lockdown und seine Nachwirkungen einen Prozess beschleunigt, den ich in den letzten Jahren selbst angestoßen habe: Es ging immer mehr hin zur analogen Fotografie und immer weniger um digitale Arbeiten. Letzteres nutze ich inzwischen nur noch für Reportagen oder das ein oder andere Portrait.
Meine Leidenschaft mit großen Plattenkameras und dem Kollodium-Nassplatten-Verfahren freie Arbeiten zu realisieren, hat einen großen Einfluss auf die Art meiner Aufträge mitgebracht.
Man sagt mir nach, dass ich mir einen Expertenstatus erarbeitet habe. Es gab viele Anfragen für Workshops. So viel wie in diesem Jahr habe ich noch nie unterrichtet. Workshops in Frankreich, der Schweiz und Deutschland haben unerwartet durch Corona entstandene Lücken gefüllt. Weitere in den Niederlanden und England sind geplant. Letzte Woche habe ich einen Vortrag für die Royal Photographic Society gehalten, mehrere Artikel über meine Arbeit sind erschienen und ich habe die Eröffnungsrede für eine Ausstellung gehalten. Mit Kollegen vom BFF planen wir einen Podcast rund um das Thema freie und künstlerische Fotografie.
Langweilig ist anders.
Das größte Projekt, welches mich aktuell beschäftigt ist ein Forschungsauftrag vom Rijksmuseum in Amsterdam. Ich habe die Ehre herauszufinden wie Gustave Le Gray (einer der bekanntesten Fotografen aus den Anfängen der Fotografie) gearbeitet hat. Hier kann ich meine Erfahrung in wissenschaftlicher Arbeitsweise und meine Expertise hin historischen Verfahren verbinden. Dieses Projekt wird mich bis zum Ende des Jahres beschäftigen.

Wie schätzt Du die analoge Fotografie auch im Kontext der Krise für die Zukunft ein?
Ich bin der Meinung, dass in erster Linie die Qualität einer fotografischen Arbeit entscheidend ist. Die Technik selbst ist sekundär.
Wenn die Technik – ob analog oder digital – aber beginnt eine Verbindung mit dem Bildinhalt, mit der Vision des Fotografen einzugehen, dann gewinnt sie an Bedeutung. In der klassischen Auftragsfotografie werden analoge Techniken nur eine Nischenrolle spielen. Wer diese Nische jedoch findet und proaktiv bespielt, der kann auch dort erfolgreich sein. Das ist gerade mein Hobby.

Was ist Dein persönlicher fotografischer Wunsch für die kommenden Monate und Jahre?
Für Galerien und internationale Messen wünsche ich mir, dass sie eine gesunde Balance zwischen physischen Events und der klugen und innovativen Nutzung digitaler Möglichkeiten finden. Für mich persönlich wünsche ich mir, ein Teil davon zu sein.
In der kommerziellen Fotografie wünsche ich mir, Projekte mit Menschen zu realisieren die den Mut haben, die eingetretene Pfade zu verlassen, gemeinsam mit Qualität zu überraschen und zu Punkten.

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Die Zukunft hat begonnen – Unser Projekt 6.0 launcht auf dem TDI’20

Nach eineinhalb Jahren planen, schrauben, feilen ist es endlich so weit: sechsnull geht live! Und für den Launch unserer Plattform für Zukunftsgeschichten – ein Gemeinschaftsprojekt von Fotogloria und der Stuttgarter Agentur Die Magaziniker – hat uns unser Partner BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie e.V.) zum Tag der Industrie 2020 (TDI’20) eingeladen. Und das hat aus vielerlei Sicht ganz hervorragend gepasst.

Den Auftakt des hybriden Stelldicheins auf dem TDI’20 machte Ursula von der Leyen – Präsidentin der Europäischen Kommission – mit einem Grußwort…

Denn das jährliche Gipfeltreffen von Industrie und Politik in Berlin lief unter dem Motto #ForwardToTheFuture. Auf der Bühne verhandelten Minister, CEOs und Wissenschaftler dementsprechend von Digitalisierung über Klima bis zur Gesundheit die zentralen Aufgaben, um Deutschland und Europa in eine wirtschaftlich und gesellschaftlich nachhaltige Zukunft zu bringen.

Dieter Kempf – Präsident des BDI – bei seinem Grußwort. In echt.

Als Frühstück bekamen die Besucher im Saal gleich zum Auftakt der Veranstaltung unseren Trailer serviert. Für die anwesenden Sechsnuller ein bewegender Moment: Eine abgedunkelte Halle voller Entscheiderinnen und Entscheider, die auf Merkel, von der Leyen und Co. warten, und als allererstes einen packenden Aufruf zum Erzählen ihrer Zukunftsgeschichten präsentiert bekommen. Projektgründerin Edda Fahrenhorst: „Aus dieser Idee ist jetzt tatsächlich Realität geworden, das fühlt sich fast schon surreal an!“

Wir waren selbstverständlich auch persönlich, maskiert und mit dem nötigen Abstand beim TDI’20, um den 6.0-Launch gebührend zu feiern. Im Bild von links nach rechts: Mike Gamio (Fotogloria), Steffen Beck (Die Magaziniker) und Edda Fahrenhorst (Fotogloria).

An unserem kleinen Stand gab’s die Möglichkeit, sich die Plattform anzuschauen und mögliche Geschichten auszuloten. Allerdings mit dem in Pandemie-Zeiten gebotenen Abstand.

6.0 – Wir zeigen Zukunft. beim Tag der Industrie 2020!

Wie sinnvoll, wichtig und vorausschauend 6.0 ist, zeigte sich daran, dass auf der Bühne fast ausschließlich das Muss, Soll und Istnochnicht besprochen, Gefahren und Risiken behandelt wurden. Unser Zukunftsprojekt will dagegen zeigen, wo gute Zukunft schon jetzt entsteht – bei vielen der anwesenden Morgenmachern. Dass die gerade noch eher mit der Verwirklichung von Industrie 4.0 beschäftigt sind, zeigte die häufigste Reaktion im Gespräch: „Hui, ihr seid schon bei 6.0!?“

P.S.: Ein GROßER Dank geht an das gesamte TDI-Team – stellvertretend an Daniela Werner und Tim Zeller – für die Einladung und damit die tolle Möglichkeit, unser neues Projekt das erste Mal der Öffentlichkeit vorzustellen!

6.0: Wir zeigen Zukunft

Wer: 6.0 ist ein Projekt von Fotogloria und Die Magaziniker.
Wie: Schauen Sie uns im Blog über die Schulter.

Wenn Sie auch eine Zukunftsgeschichte auf sechsnull.de erzählen möchten, dann melden Sie sich gerne bei uns unter zukunft@sechsnull.de.

#FacesOfPhotography – Teil 97: Hahn+Hartung aus Berlin

Miguel Hahn und Jan-Christoph Hartung arbeiten als Fotografenduo Hahn+Hartung zusammen. Die Zeit des Lockdowns nutzten sie, um die Auswirkungen der Pandemie in Berlin zu fotografieren. Darüber und über noch so einiges mehr haben sie mit den #FacesOfPhotography gesprochen:

Wie ist es Euch fotografisch in den letzten Wochen und Monaten ergangen?
Miguel: Anfangs war es natürlich ein Schock wie für die meisten Freiberufler. Die meisten Jobs und Veröffentlichungen wurden verschoben oder ganz gestrichen. Wir haben die Zeit aber genutzt um weiter an freien Projekten zu arbeiten. Es war auch eine Zeit, die wir nutzen konnten um über unsere Arbeit und unser Vorgehen nachzudenken und vieles zu hinterfragen. Im Alltag fehlt ja oft die Zeit innezuhalten und zu schauen wo man steht.

Habt Ihr die Zeit für freie Projekte bzw. deren Planung nutzen können? Wenn ja: Gibt es schon etwas zu sehen oder zu verraten?
Miguel: Wir haben in der Zeit die Auswirkungen der Pandemie in Berlin fotografiert. Das hatte auch eine therapeutische Wirkung. Ich denke viele von uns nutzen die Fotografie letztendlich auch um die Realität zu verarbeiten. Eigentlich hatten wir vor mal wieder ein größeres Projekt im Ausland zu fotografieren, das gestaltet sich aber Momentan schwierig. Daher werden wir eher nach lokalen Themen recherchieren.
Chris: Es gab ja vor allem in der Anfangsphase kaum eine Möglichkeit an etwas Anderem zu arbeiten als an den Auswirkungen der Krise. Anfangs haben wir sogar noch hinterfragt, ob das ethisch vertretbar ist, da man ja zu Hause bleiben und keine anderen Leute treffen sollte. Letztlich haben wir es aber dann doch durchgezogen.

Was denkt Ihr, welche Auswirkungen wird die Krise kurz- und langfristig – stilistisch, wirtschaftlich, finanziell – auf die Fotografie haben?
Miguel: Das kann ich persönlich schwer einschätzen. Ich habe auch das Gefühl, dass während der Pandemie jeder nicht nur Virologe sondern auch Finanzexperte und Politiker geworden ist. Aus meiner persönlichen Erfahrung kann ich nur sagen, dass wir ziemlich direkt nach dem Lockdown wieder Anfragen für Jobs hatten und es eigentlich gerade besser läuft als vor der Krise. Ich denke die Krise wird Auswirkungen auf unser zwischenmenschliches Verhalten haben und das wird sich mit Sicherheit auch auf die Fotografie auswirken.
Chris: Ich bin auch kein Experte und die Meinungen gehen da stark auseinander. Ich denke aber, dass Bilder auch weiterhin eine große Bedeutung haben werden und es auch weiterhin Möglichkeiten geben wird, damit seinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Da kommen sicherlich noch ganz andere Herausforderungen auf uns zu, wenn man bedenkt, wie schnell die Entwicklung von guten Kameras in Handys voranschreitet oder wie Bildbearbeitung und Bildmanipulation immer einfacher wird. Man muss sich eben anpassen oder weiterentwickeln statt sich zu beklagen.

Was bedeutet Euch persönlich die Fotografie?
Miguel: Ich bin sehr dankbar dafür, ein Medium gefunden zu haben über das man Geschichten relativ einfach erzählen und an ein breites Publikum bringen kann. Die Fotografie erlaubt es mir auch Einblick in Welten zu bekommen, zu denen ich ansonsten niemals einen Zugang hätte. Ich habe die letzten Jahre auch mit Überraschung festgestellt, wie meine Persönlichkeit mit unserer Arbeit verwoben ist. Wenn wir etwas machen und es gut läuft geht es mir gut, wenn wir gerade nicht vorankommen oder an unserer Arbeit zweifeln bin ich auch als Mensch unsicher.
Chris: Für mich ist die Fotografie auch eine Methode, um die Gesellschaft besser zu verstehen und zu analysieren. Ich fühlte mich noch nie so richtig einer bestimmten Strömung zugehörig und finde es eher faszinierend zu beobachten, mich mit gesellschaftlichen Tendenzen, bestimmten Gruppierungen usw. auseinanderzusetzen. Da ich eher introvertiert bin, ist die Kamera für mich auch ein Stück weit ein Zugang zu anderen Welten. Gleichzeitig ist da neben der inhaltlichen Auseinandersetzung natürlich auch die Freude am Ästhetischen.

Was ist Euer fotografischer Wunsch für die Zukunft?
Miguel: Mehr Zeit für mehr freie Projekte
Chris: Dass man immer die Energie und Kreativität hat, sich weiterzuentwickeln.

Website von Hahn+Hartung
Instagram-Feed von Hahn+Hartung
Facebook-Profil Hahn+Hartung
LinkedIn-Profil von Miguel Hahn
LinkedIn-Profil von Jan-Christoph Hartung

Das Foto von Hahn+Hartung hat übrigens M.Lüder von Lotto Brandenburg gemacht.

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#FacesOfPhotography – Teil 95: Lars Borges aus Berlin

Archiv, Website, Administration – auch das hat Lars Borges in den letzten Wochen erledigt. Vor allem aber hat er die Zeit genutzt, sich mit der Fotografie, mit Fotografen, mit neuen Ideen und Projekten auseinander zu setzen. Und damit, was die Fotografie eigentlich kann. Mit den #FacesOfPhotography hat er darüber gesprochen:

Was bedeutet Dir die Fotografie?
Ich bin zuerst einmal unheimlich dankbar, dass ich sie für mich entdeckt habe, denn ich weiß nicht, was ich sonst so mit meinem Leben angefangen hätte – ich bin dankbar für all die Begegnungen, Freunde, Kollaborateure und Unterstützer die ich im Laufe der Zeit haben und finden konnte.
In der Fotografie bündelt sich meine Interesse zuerst bei den Menschen und der Schönheit wie Traurigkeit des Lebens, aber auch bei der Kunst, Gesellschaft und Politik. Es ist ein Weg für mich, die Welt anhand meiner eigenen Erfahrungen zu erleben und vielleicht zu begreifen, mich auszudrücken, Leute kennenzulernen, Spaß zu haben, zu reisen, aber eben auch Geld für meine Familie und mich verdienen zu können ohne dabei jemals gelangweilt zu werden, weil die Herausforderungen doch immer wieder neue sind.
Fotografie ist eine Eintrittskarte zu Leben und Orten die ich sonst vielleicht so nie kennengelernt hätte. Ich durfte bisher nicht die ganze aber doch die halbe Welt bereisen und einiges an Abenteuern erleben – das entspricht meinem Charakter einerseits, um aber dann ein halbwegs adäquates Foto von einer Person oder Ort machen zu können muss ich mich einfühlen und intellektuell wie emotional die Zusammenhänge und Lebenskontexte der Fotografierten verstehen! Oder selbst auch ganz pragmatisch die Bedürfnisse eines kommerziellen Kunden – auch diese muss man durchleuchten und verstehen um ein „richtiges“ Bild machen zu können.
Das macht mir insgesamt alles insgesamt sehr viel Spaß und ich bin froh und dankbar diesen Weg bereits eine Weile gehen zu können und immer mehr zu lernen, mich zu verbessern. Ich mag außerdem den Prozess des Fotografieren selbst sehr. Wenn man ein Motiv spürt und es dann schafft, diese Emotion fotografisch umzusetzen und einzufangen, ist es ein unglaublich tolles und befriedigendes Gefühl. Klick. Boom. Aber es ist wie ein Sport, man muss regelmässig trainieren.



Was hast Du beruflich in den letzten Wochen und Monaten erlebt?

Natürlich sind vorerst alle Job-Shoots komplett auf null heruntergefahren. Wir sind jedoch genau zu der Zeit umgezogen und ich hatte mir vorgenommen im April etwas weniger zu arbeiten… Von daher ist mir das zuerst gar nicht so aufgefallen, denn es gab genug zu tun. Vielleicht habe ich mir etwas mehr Zeit dafür genommen als ich sonst gehabt hätte. Außerdem habe ich viel von zu Hause gearbeitet, um Homeoffice und Homeschooling unter einen Hut zu bringen. Ich habe viel über Fotografie gelesen und mir einige Fotobücher gekauft und vor allem wahnsinnig viele Podcasts mit Fotografen gehört. Und als ich dann davon genug hatte, ging es langsam wieder los mit Anfragen und Projektplanungen. Ich hatte glücklicherweise nun bereits zwei größere kommerzielle und drei kleinere Magazin/Portraitjobs, das ging auch unter Einhaltung der Coronaauflagen ganz gut und die Fotos sind schön und soweit ich bisher weiß, ist niemand krank geworden. Das stimmt sanft optimistisch. Tok Tok Tok.

Hast Du an freien Projekten weitergedacht oder -gearbeitet?
Ja… Ich habe ganz konkret mein Archiv seit 2008 durchgeschaut, denn ich dachte wenn nicht jetzt dann vermutlich niemals… Oft schaffe ich es im Joballtag – zwischen Deadlines und der Vorbereitung für das nächste Shooting – einfach nicht, die besten Fotos eines Jobs rauszusuchen und zu bearbeiten oder von meinen Reisen mitgebrachte eigenen Fotos und kleine Essays zu editieren. Das saß mir im Nacken, aber ich habe es jetzt nachgeholt und das war und ist sehr befreiend.
Außerdem ist meine fotografische Persönlichkeit in den letzten Jahren gereift und bestimmte Bilder von einem anderen Winkel aus nochmal zu betrachten, war sehr interessant und ich habe viel entdeckt, viel über meine Arbeit und mich gelernt. Manchmal habe ich die besten Bilder schlicht nicht erkannt, manche Bilder reifen aber auch mit der Zeit oder gesellschaftliche und persönliche Kontexte verändern sich. Man findet auch alte Ansätze von denen man denkt, „ah das war doch eigentlich sehr interessant, warum habe ich damit damals nicht weitergemacht“ und so findet man dann alte Ansätze für neue Projekte. Jetzt freue ich mich darauf, die Arbeit mit der Welt teilen zu können und bin ich grade dabei das alles in eine Form zu bringen.
Ich habe außerdem mit einer Webentwicklerin an meiner neuen Website gearbeitet, denn die alte kann systematisch das nicht mehr darstellen, was ich zeigen möchte. Ich denke es wird ein Riesenschritt nach vorne für meine Fotografie. Außerdem habe ich noch eine neue Idee für ein Buch entwickelt.

Wie wird sich Deiner Meinung nach die Branche mit und nach der Krise verändern?
Ganz praktisch gesprochen: ich denke Budgets und Honorare werden leider runter gehen. Die Unternehmen werden die Gunst der Stunde zu nutzen wissen. Manche haben vermutlich wirklich nicht das selbe Geld zur Verfügung, andere werden jedoch auf den Zug aufspringen, obwohl es ja auch viele Unternehmen gab und gibt die durchaus von der Krise profitieren. Ich hatte neulich zum Beispiel den Anruf: „Hallo wir sind eines der grössten milliardenschweren Unternehmen in Deutschland das kaum einer kennt. Hilfst Du uns dabei das zu ändern?“ Nach eigenen Aussagen läuft es prima und alles sei krisensicher. Meine Agentur und ich haben lange hin und her gerechnet, das Budget war dann aber trotzdem nur etwa die Hälfte von dem, was man eigentlich gebraucht hätte um das fair und professionell produzieren zu können. Warum ich mein Honorar, besonders jedoch die Honorare der Leute die mit mir arbeiten also Styling, Make-up, Team oder Modelle im Auftrag einen Milliardenkonzerns, bei dem es nach eigener Aussage klasse läuft, drücken soll, leuchtet mir nicht so ganz ein…
Ich habe das ja schonmal 2008 bei der Finanzkrise erlebt, als ich grade zwei Jahre als Fotograf gearbeitet hatte, ich denke es wird diesmal ähnlich… Die Leute, die es mit dem Fotografieren nicht so ernst meinten, haben damals aufgehört, weil es zu unbequem wurde. Buyouts wurden gestrichen, Tagessätze sind geschrumpft. Ich denke es wird diesmal ähnlich sein. Mir tun die jungen talentierten Fotograf*innen leid, die über keine Rücklagen verfügen – sie werden einen schwereren Start haben. Anderseits habe ich es zur Ermutigung damals ja auch unter den Bedingungen geschafft anzufangen. Der Bedarf an Bildern ist außerdem ja weiterhin höher als jemals. In einer globalisierten Welt sind die Bilder die Sprache, die alle gemeinsam sprechen. Walter Benjamins Prophezeiung ist also jetzt erst wirklich wahr geworden. Ich hoffe, dass das sich dann alles langsam wieder normalisiert, sobald es einen Impfstoff oder Medikamente gibt, aber es wird ein wenig dauern.

Wird es eine inhaltliche und/oder stilistische Veränderung der Fotografie generell geben?
Ich kann nicht hellsehen, hoffe aber, dass angesichts der Bedrohungen von Autokraten, Nationalisten und auch Viren das Leben sowie die vorhandenen Freiheiten wieder mehr geschätzt werden und alles ehrlicher wird, damit die Bilder die Kraft entwickeln können an gesellschaftlichen Veränderungen mitzuarbeiten. Ich glaube jetzt nicht an die einzige Wahrheit im Foto sondern sehe es wie Gary Winogrand, dass man die Wahrheit verändert, sobald man sie in vier Ecken reduziert, aber es geht darum um ein Bewusstsein und eine neue Realität zu schaffen.
Ich versuche etwa seit Jahren, Menschen jeglicher Hautfarbe, Geschlechts oder sexueller Orientierungen zwar nicht zum hauptsächlichen Thema meiner Fotografie zu machen, aber darin ganz normal stattfinden zu lassen, denn ich denke Repräsentation in den Medien erweitert das Bewusstsein. Und wenn die Gesellschaft auch vielleicht nicht so weit ist wie ich sie mir wünsche, so möchte ich doch eine solche Gesellschaft in meinen Bildern skizzieren um den Menschen die Hoffnung auf einen bessere Welt und Leben geben. Ich hoffe wir erinnern uns angesichts der Krise daran, dass das Leben kurz und jeder Moment und jedes einzelne Leben wertvoll ist! Es gibt ja erste Anzeichen, dass sich dieser Trend global in der Fotografie durchsetzt, denn ich glaube fest daran es gibt immer noch kein besseres Medium, um Momente und Leben für weitere Generationen festzuhalten, so dass diese dann Ihre eigenen Existenzen darin spiegeln können.



Wird sich in Deiner Fotografie etwas ändern?

Ich mache ja grade Tabula Rasa und spüre schon jetzt die Energie die aus der damit verbundenen Leichtigkeit in mir aufsteigt. Es wird sich also sicher was verändern. Ich habe einige Ideen, rede aber ungern darüber bevor ich es mir selbst bewiesen habe. Nicht weil ich Angst habe, dass jemand meine Ideen klaut – dazu ist dann doch immer jeder Fotograf zu individuell – aber weil die Energie in mir selbst dann verpufft, wenn ich die Ideen zu stark und zu oft ausformuliere. Es ist dann als ob ich das Projekt schon im Geiste erledigt habe und es gar nicht mehr fotografieren brauche. Mir tut ein gewisser Druck auf meinem Kessel ganz gut, um mich nun Bewegung zu setzten.



Was ist Dein persönlicher fotografischer Wunsch für die Zukunft?

Ich weiß nicht wieso und vielleicht ist es aktuell nur Fernweh, aber ich möchte mal irgendwann in den Anden fotografieren. Außerdem möchte ich gerne noch mehr eigenen Projekte als Bücher realisieren und hoffe sehr das meine wieder sehr starke Liebe zur Fotografie sobald nicht erlischt.

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#FacesOfPhotography – Teil 88: Paulina Hildesheim aus Berlin

Die Handlungsunfähigkeit ganz am Anfang der Krise hat sich bei Paulina Hildesheim bald ins Gegenteil verkehrt – sie arbeitet an eigenen Projekten, hat einige Aufträge. Auf dieser Grundlage schwankt sie zwischen vorsichtigem Optimismus und dennoch immer wieder Sorge. Darüber und über mehr hat sie mit den #FacesOfPhotography gesprochen:

Paulina, wie geht es Dir?
Mir persönlich geht es sehr gut. Ich habe großes Glück, dass ich bisher insgesamt ganz gut durch die Krise gekommen bin. Es haben sich immer mal wieder Möglichkeiten ergeben, im Auftrag zu arbeiten. Außerdem habe ich sehr schnell und unbürokratisch Soforthilfe bekommen. Und ich bin die letzten Monate sehr viel draußen gewesen, insbesondere in meinem Garten. Ein Kleingarten am Berliner Stadtrand, der sich in Zeiten der Pandemie als noch viel wichtiger als je zu vor entpuppt hat. Ich bin sehr dankbar für diesen Rückzugsort.
Im Großen und Ganzen schwanke ich aber doch immer wieder zwischen vorsichtigem Optimismus und Sorge. Diese Krise ist eine Chance, denn sie zeigt uns, wo wir in Zukunft genauer hinsehen sollten. Das Virus und seine Folgen treffen leider viele besonders hart, die es schon vorher nicht leicht hatten und verschärft die soziale Ungerechtigkeit. Die Folgen dessen werden sicher noch einige Jahre lang spürbar sein.

Was macht die Fotografie?
Fotografisch habe ich diese Zeit auf eine spezielle Art und Weise als sehr intensiv wahrgenommen.
Ganz zu Anfang war ich wie erschlagen von der täglichen Nachrichtenlage, habe eigentlich den ganzen Tag über nur Nachrichten konsumiert und mich handlungsunfähig gefühlt.
Ich glaube, so ging es vielen. Mir ging es dann besser, als ich begonnen habe, jeden Tag zu fotografieren. Oft sehr unspektakuläre Dinge, die ich in meiner Wohnung oder im Garten gefunden habe, Kleinigkeiten und Alltägliches. Durch das Fotografieren hat sich auch meine Wahrnehmung der Situation verändert. Soziale Isolation, Distanz, Lockdown, das alles fühlte sich dadurch etwas greifbarer an.


Und es kamen ja auch immer mal wieder Aufträge dazu und ich konnte mich einem freien Projekten widmen, das ich schon länger aufgeschoben hatte. Langweilig war mir also wirklich nicht. Inzwischen ist auch wieder etwas mehr zu tun. Mal sehen, wie die nächsten Monate so werden…

Was ist Dein fotografischer Schwerpunkt?
Ich fotografiere für redaktionelle Auftraggeber und Unternehmen. Außerdem arbeite ich an eigenen, konzeptionellen Arbeiten.

Woran arbeitest Du aktuell?
Ich arbeite an einem Buchlayout, editiere die Bilder der letzten Monate, bringe sie mit denen, die immer wieder dazukommen in Zusammenhang. Außerdem recherchiere ich für zukünftige Projekte.

Was denkst Du, wie wird sich die Krise auf die Fotografie – wirtschaftlich und inhaltlich – auswirken?
Ich habe das Gefühl, dass die langfristigen wirtschaftlichen Konsequenzen in vielen Bereichen noch lange nachwirken werden. Aber ich habe in den letzten Monaten auch viel Solidarität beobachtet und erlebt, zwischen KollegInnen und von AuftraggeberInnen. Das sollten wir uns beibehalten. Die Corona-Krise hat viele wichtige Themen aus der öffentlichen Wahrnehmung verdrängt. Ich wünsche mir, dass die Geschichten, die zurzeit medial keinen Platz finden bald wieder erzählt werden können.


Was ist Dein fotografischer Wunsch für die Zukunft?

Ich glaube, ich wünsche mir einfach nur, dass ich weiterhin das Glück habe, diesen Beruf ausüben zu können. Es ist einfach ein unglaublich toller Beruf. Wenn ich Menschen treffe oder Orte besuche, um sie zu fotografieren, lerne ich auch jedes Mal etwas dazu. Manche Begegnungen wirken lange nach. Ohne Fotografie würde ich wahrscheinlich zu vielen Situationen überhaupt keinen Zugang bekommen.

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#FacesOfPhotography – Teil 73: Oliver Mark aus Berlin

Qualität, neue Perspektiven und Weißwein – Oliver Mark bei den #FacesOfPhotography:

Oliver, wie geht es Dir?
Ganz gut, gerade wurde mein Studio-Kühlschrank mit Moselriesling vom Weingut Melsheimer gefüllt. Der Orange Riesling 2018 ist der Killer.

Wie ist es Dir in den letzten Wochen und Monaten ergangen?
Ich denke ich habe die Zeit ganz gut genutzt und konnte endlich die fälligen Schönheitsoperationen machen lassen. Die Nase braucht jetzt noch 1-2 Wochen bist sie ganz verheilt ist, deshalb auch die Maske auf dem Foto.

Was denkst Du: Was bedeutet diese Krise für die Fotografie?
„Einfach machen. Und bloß nicht ans Geld denken …“

Werden sich Inhalte mit der Krise verändern?
Krisen beziehen sich grundsätzlich immer auf die Abweichung von der Normalität. Insofern wären Bilder wie die von Fabio Bucciarelli entstanden in Bergamo für die New York Times vor Covid-19 nicht denkbar.

Du bist Portrait-Fotograf: Verändert sich Deine Fotografie?
Es geht immer nur nach oben, in jeder Beziehung…

An welchem Thema arbeitest Du aktuell?
…an einem ähnlichen Projekt wie Natura Morta, das 2017 in der Gemäldegalerie Wien in Korrespondenz zu Stillleben-Gemälden der Sammlung gezeigt wurde.
Daneben arbeite ich an einem Projekt was zurück geht, bis in die 90 Jahre. Der Arbeitstitel lautet „die Zeit machen wir später aus“. Gezeigt werden Orte, Gebäude, Straßenkreuzungen die es nach kurzer Zeit so nicht mehr gibt, da dort beispielsweise gebaut wird.
Und immer wieder neue Portraits.

Was wünschst Du der Branche für die Zukunft?
Hohe, höchste, optimale … Qualität und Follower

Und Dir selber?
Einen Perspektivwechsel

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#FacesOfPhotography – Teil 57: Klaus Lange aus Berlin

Klaus Lange sieht die Flexibilität als eine grundsätzliche Qualität von Fotograf*innen, vor allem in Zeiten der Krise: „Was hilft’s, wir müssen uns den neuen Begebenheiten eben noch dynamischer und kreativer anpassen.“ Darüber und über noch viel mehr hat er mit den #FacesOfPhotography gesprochen:

Wie geht es Dir in diesen sonderbaren Zeiten?
Mir geht’s gut. Trotz Pandemie-bedingter einschneidender familiärer Veränderungen, wir sind alle gesund und ich habe sogar Jobs.
Im Bewusstsein das wir in Deutschland gesellschaftlich, wirtschaftlich und gesundheitlich so richtig „Schwein“ haben, sehe ich in dieser Krise keinen anderen Ort, an dem ich lieber sein möchte. Denn neben allen offensichtlichen politischen und gesellschaftlichen Verbesserungsmöglichkeiten bei uns: wir leben in einem funktionierenden demokratischen und gesundheitlich ziemlich gut aufgestellten System. Das wird mir gerade sehr klar, dafür bin ich dankbar.
So sehr die massive globale Entschleunigung auf mich apokalyptisch wirkt, so sehr empfinde ich sie „reinigend“. Wir sind global gezwungen anzuhalten, können nachdenken. Wir wissen doch alle mehr oder weniger bewusst, dass wir diesen ökologisch verrückten Raubbau an Ressourcen nicht endlos weiter machen können. Durch die Pandemie wird noch deutlicher, wie fragil unsere Lebensweise ist. Je klarer das in meine Wahrnehmung tritt, desto wichtiger werden mir Werte. Privat haben wir als Familie in diesem Denken schon 2019 entschieden ins Grüne zu ziehen, back to the roots. Ende Januar 2020 sind wir umgezogen, gerade noch vor dem großen Stillstand. Seitdem ackere ich wann immer möglich im Garten und liebe es zu sehen, wie die Natur funktioniert. Kennst Du den Duft von frischer, gesunder Erde?

Was macht der Job?
Einer meiner Bestandskunden, eine Hilfsorganisation, hat Corona bedingt viel für mich zu tun. Ein Job der mir in jeder Hinsicht Spass macht und mich noch eine Weile beschäftigen wird. Die Zusammenarbeit mit diesem Kunden baue ich seit Jahren auf und aus. In der Arbeit mit NGOs musst Du unkonventionell und sehr flexibel in der Herangehensweise sein, um gute und wirtschaftlich sinnvolle Arbeiten zu produzieren. Mein Engagement wird offensichtlich gesehen. Ein gutes Gefühl!

Was hat sich bei Deine Shootings verändert?
Vorerst musste ich (leider) entscheiden, alleine zu produzieren und zu reisen, habe meine Produktionen dafür auf ein Minimum an technischem Aufwand angepasst und bin beeindruckt, wie gut das geht.

Verändert sich auch Deine Fotografie?
Bei mir darf und soll es „menscheln“, dafür werde ich im Besonderen gebucht, so arbeite ich gerne. Vor allem in meiner Arbeit mit Testimonials stelle ich dieses „menscheln“ durch Bezüglichkeit und Nähe her, die ich in der sonst gewohnten Form aktuell nicht mehr so einfach aufbauen kann. Zurzeit funktioniert Begegnung für mich, wie durch einen „Schleier“, ist antiseptisch und ungewohnt. Ich sehe das in meiner Arbeit und experimentiere mit neuen Begegnungsformen.

Wird sich die Fotografie mit der Krise generell verändern?
Wenn ich das wüsste… Ich habe noch keine Idee davon, welche wirtschaftlichen, politischen und am Ende dann ggf. auch beruflichen Veränderungen perspektivisch kommen werden und wie sich das auf die Medienbranche auswirken wird. In der Wirtschaftskrise 2008 musste ich schon einmal alles umstellen und war lange ohne nenneswerte Jobs. Damals habe ich sehr bewusst mein Studio aufgegeben, bin ein paar Monate nach Argentinien gegangen und habe entschieden, wieder auf eine „One-Men-Show“ umzuschalten. Bis es funktioniert hat, habe ich zusätzlich stundenweise als Barista in einem Café gejobt. Die Umstellung hat ne Weile gedauert, aber funktioniert.
Die Corona-Krise hat allerdings ein anderes und viel beängstigenderes Format. Da sich die wirtschaftliche Situation für angewandte Fotografen seit Jahren ohnehin schon zuspitzt, werden die Spielräume immer enger. Aber was hilft’s, wir müssen uns den neuen Begebenheiten eben noch dynamischer und kreativer anpassen. Ist Flexibilität nicht sowieso eine Qualität von Fotograf*innen?!

Was ist Dein persönlicher fotografischer Wunsch für die Zukunft?
Gute und gesellschaftlich relevante Bilder machen Spaß. Davon will ich noch mehr machen und mit noch mehr entsprechenden Redakteur*innen, ADs, CDs … und Kollegen zusammen finden.

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