Toby Binder ist Fotojournalist und selbstverständlich in dieser Zeit unterwegs – um die Geschichten zu erzählen, die trotz aller Schwere, trotz ihrer Traurigkeit und trotzdem es einfacher ist wegzuschauen, dennoch tagtäglich passieren. Und auf die er mit seiner Fotografie den Fokus lenken will. Für die #FacesOfPhotography haben wir ihn dazu ein paar Fragen gestellt:
An welchem Thema arbeitest Du derzeit?
Ich dokumentiere den Alltag von Menschen, die mit an Covid-19-Erkrankten in unterschiedlichen Stadien zu tun haben.
Die letzten Wochen war ich mit Bestattern, Pfarrern, Kremationstechnikern und Angehörigen von Verstorbenen unterwegs. Ab nächster Woche werde ich dann hoffentlich Einblicke in die Kliniken, Labore und Testzentren bekommen und somit auch in die Berufe, die das Leben der Patienten noch retten können.
Warum dieses Thema?
Es ist ein Thema, das uns alle betrifft – auf unterschiedlichste Weise.
Aber niemanden, der vorübergehend auf Sozialkontakte verzichten muss, im home office arbeitet oder nicht reisen kann, so grundlegend wie die, die täglich mit den direkten Auswirkungen des Virus zu kämpfen haben.
Auf diese Menschen will ich in Deutschland den Fokus lenken. Denn wenn man Eis essend durch den Park schlendert, könnte man fast vergessen, was sich auch hier hinter den Mauern der Kranken- und Bestattungshäuser abspielt. Nur weil es noch nicht Verhältnisse wie in Italien gibt, sind viele trotzdem bereits jetzt großen emotionalen und körperlichen Belastungen ausgesetzt.
Was hast Du bei dem Termin im Krematorium erlebt?
Als Fotografen bekommen wir ja häufig Einblicke in eine Welt, die uns vorher oft sehr fremd ist und treffen dann auf Menschen, die sich dort sehr professionell bewegen, weil es ihr Alltag ist. Das war auch hier der Fall. Obwohl die Situation für Bestattungshäuser und Krematorien eine neue, komplizierte und belastende ist, wird professionell damit umgegangen – etwa was Hygiene- und Schutzmaßnahmen oder Arbeitsabläufe betrifft. Dennoch wird auch hier mit vielen Einschränkungen und am Limit gearbeitet. Nicht unbedingt nur, weil die zusätzlichen Fälle durch Covid-19 sich schon so stark bemerkbar machen, sondern auch weil einige Angehörige unter den jetzigen Bedingungen eine Feuerbestattung wählen; um dann später eine Beisetzung der Urne mit regulärer Trauerfeier vornehmen zu können.
Und was war bei der Bestattung am eindrücklichsten?
Wenn jemand einen Angehörigen verliert ist das immer ein emotionaler Ausnahmezustand. Wenn dies zusätzlich durch eine bisher kaum bekannte Krankheit und sehr plötzlich passiert und die behördlichen Vorschriften eine Verabscheidung nur in sehr engem Rahmen und ungewohnter Form möglich machen, ist dies für alle Beteiligten eine sehr schwere Situation. Hinter jeder von den Zahlen, die wir alle uns täglich anschauen, stehen persönliche Schicksale. Wenn sich eine Mehrheit von uns darauf verlässt, nicht zur „Risikogruppe“ zu gehören, werden wir all den Verstorbenen, denen die vergeblich um das Leben der Patienten gekämpft haben, den Angehörigen und denen, die sie in der Trauer begleiten, absolut nicht gerecht.
Was sind Deine weiteren Pläne zu dem Thema?
Wie eingangs erwähnt, werde ich die unterschiedlichen Berufsfelder, die mit dem Thema zusammenhängen erweitern. Da ich mir aber auch immer sehr viel Zeit für einzelne Bildstrecken nehme und dadurch recht enge Kontakte entstehen, werde ich sicher parallel auch immer wieder zurückkehren und sehen, wie sich die Situation über Wochen und Monate verändert.
Wie schaffst Du es, angesichts der Schwere, Dich dennoch auf Deine Fotografie zu konzentrieren?
Ich glaube dadurch, dass ich eigentlich immer bei meinen Reportagen Menschen begegne, die trotz scheinbarer Hoffnungs- und Trostlosigkeit unglaublich viel Menschlichkeit und Empathie ausstrahlen.
Was denkst Du ist die Aufgabe der Fotografie in diesen Tagen?
Für mich ist die Aufgabe der Fotografie ja eigentlich immer, zu zeigen, was passiert. Dass sich ein Thema gerade weltweit, auf alle gesellschaftliche Ebenen und so direkt im Alltag auswirkt, ist einmalig. Und es ist interessant zu beobachten, wie unterschiedlich Fotografen mit ein und demselben Themenkomplex umgehen können.
Was ist Dein fotografischer Wunsch für die Zeit nach der Krise?
Nicht wünschen, machen!
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