Archiv der Kategorie: Und sonst…

10 Jahre Fotogloria – Edda Fahrenhorst und Mike Gamio

Kommendes Wochenende wäre es soweit gewesen – gefeiert hätten wir das rauschende Jubiläumsfest. Gutes Bier, ein paar schicke Bilder an den Wänden, auf jeden Fall viele Freunde… Wie so vieles in diesem Jahr, kam auch das anders als gedacht, gewünscht, gehofft.
Nichtsdestotrotz haben wir etwas zu feiern, denn Fotogloria ist seit ein paar Tagen 10 Jahre alt!

Und da wir tatsächlich immer noch und immer wieder gefragt werden: Was macht dieses Fotogloria eigentlich so ganz genau?… Voilá – hier gibts Antworten von Edda und Mike auf 10 Fragen zu 10 Jahren (Achtung, es folgt ein laaaaaaanges Lesestück), garniert mit ein paar Anekdoten und abgerundet mit ein wenig Pathos. Viel Spaß!

Warum Fotografie?

Mike: Ich könnte bei der Frage recht weit ausholen – dass es in meiner Familie eine sehr lange fotografische Tradition gibt, dass mein Urgroßvater etwa um 1900 den ersten Fotoladen in Patagonien eröffnete, dass mein Vater schon immer fotografierte, mein Bruder undsoweiter… Aber wie ich tatsächlich in die Fotografie als Beruf gerutscht bin ist sehr viel banaler und ernüchternder. Mein Abschluss an der Universität reichte nicht, um ein Referendariat zum Lehrer zu starten. Zu der Zeit jobbte ich bei einem Magazin, dieses neue Medium Internet war im Aufwind und darin fand ich eine Stellenanzeige zur Ausbildung zum Bildredakteur bei der Agentur Bilderberg. Und verrückterweise wurde ich zum Vorstellungsgespräch eingeladen und während des Interviews von Edda eingestellt. Daran sieht man: Wie so oft kommt alles anders – ich verliebte mich in die Fotografie und darf seit nun 16 Jahren davon leben!

Edda: Die Fotografie… Tja, ich habe ein paar Fragen dazu: Wie wirkt sie in welchem Kontext? Welche Menschen arbeiten wie mit der Fotografie? Wer entscheidet, welche Bilder und warum das Licht der Öffentlichkeit erblicken? Welche Bilder schaffen es wo im Markt? Werden die fotografischen Botschaften wie gedacht verstanden? Was braucht es, damit keine Missverständnisse entstehen? Was braucht es auf der anderen Seite, damit Botschaften gezielt ankommen? All das ist ein großes und komplexes Zusammenspiel, das ich eines Tages wirklich gerne wirklich ganz verstehen würde. Dafür braucht es aber sicher noch ein paar Jahre mehr…

Fragen über Fragen…

Was ist das eigentlich, dieses Fotogloria?

Edda: Fotogloria ist ein großes Fotografie-Netzwerk. Wer Bilder oder den Austausch darüber sucht, kann sich an uns wenden. Ebenso wer Bilder macht oder in angrenzenden Diszplinen über Bilder nachdenkt. Konkret: Wir realisieren Shootings rund um die Welt für Unternehmen und Agenturen, wir bringen Ausstellungen an die Wand und wir erdenken und realisieren freie Projekte. Ergo: Wir bringen Bildsuchende und Bildschaffende auf vielen Ebenen zusammen – eben ein Büro für fotografische Zusammenarbeit!

Mike: Fotogloria sind zwei verquere Köpfe mit vielen Ideen und dem dauerhaften Willen, Dinge zu bewegen. Wir versuchen die täglichen fotografischen Wünsche unserer Kunden zu realisieren, nehmen uns aber auch die Freiheit eigene Projekte ins Leben zu rufen und das so unabhängig wie möglich von finanziellen Zwängen.
Ich glaube, dass uns diese Mischung stark macht und uns über diese 10 Jahre gebracht hat. Genau diese Mischung ist nämlich dann auch der Reiz an der täglichen Arbeit. In den letzten zwei Wochen habe ich Shootings unter anderen im Irak, in Indonesien, Südafrika, Uzbekistan, München und in Abu Dhabi organisiert. Und obwohl überall »nur« fotografiert wird, muss man sich bei jedem Projekt auf komplett andere Gegebenheiten einstellen – sei es aktuell wegen Corona, wegen der politischen Lage, der Entfernungen, der klimatischen Verhältnisse oder der Sicherheit. Ich finde es genauso reizvoll eine Kampagne in München zu organisieren wie auch ein Shooting im Irakischen Hinterland auf die Beine zu stellen.

YEAH – Fotogloria ist ein Förderer des Freundeskreis des Hauses der Photographie.

Warum passen all’ die – auf den ersten Blick verschiedenen – Bereiche zusammen?

Edda: Weil Fotografie erstmal eine universelle Sprache ist, die dann jeweils an den konkreten Kontext angepasst werden kann. Dabei steht für uns nicht im Vordergrund, ob wir den Geschäftsbericht eines Unternehmens fotografieren oder eine Ausstellung konzipieren – beides hat den gleichen Stellenwert. Wir agieren in der Umsetzung dann immer auf einer persönlichen und pragmatischen Ebene: Wie ist die Botschaft, was wird dafür gebraucht, wie kommen wir zum bestmöglichen Ergebnis für alle Seiten und mit wem können wir ebenjenes umsetzen.

Mike: Von Anfang an haben wir – zuerst zu dritt gemeinsam mit Jochen Raiß und seit drei Jahren  zu zweit – unsere Interessen und Stärken in einen Topf geworfen. Mit den Jahren ist daraus ein griffiges Konzept geworden.
Und so bekommen wir heute diese ganzen vermeintlich sehr unterschiedliche Bereiche unter einen Hut. Wir schaffen wir es, mit Industriekunden freie Projekte zu machen und anschließend besuchen sie dann eins unserer Seminare (die wir zusammen gelegentlich mit den Bildbeschaffern geben). Oder wir entdecken eine gute Strecke eines Fotografen, erwägen sie für eine Ausstellung oder schlagen sie einem Kunden für dessen Unternehmenskommunikation vor. Auch wenn Fotografen irgendwo in der Welt unterwegs sind, entstehen regelmäßig parallel zu deren Auftrag eine weitere Geschichte für einen zweiten Kunden, weil grad der Ort und der Zeitpunkt passt oder passend gemacht wurde.
Ich glaube viele Kunden schätzen genau diese Vielfalt und dieses andere Denken an uns – sie bekommen meistens doch einen etwas anderen Blick geliefert.

Die allerallererste Website von Fotogloria.

Und wie passen zwei Familien mit insgesamt 6 Kindern in das alltägliche Agenturgeschäft?

Mike: Von Anfang an waren unsere  Familien ein Teil des Konzeptes von Fotogloria. Das heißt konkret, dass in jedem Gedankengang und in jedem strukturellen Prozess, den wir angeschoben haben, immer die Familie mit eingeplant wurde.
Dass wir daheim bleiben wenn was privates anliegt – das ist bis heute selbstverständlich und wurde niemals hinterfragt. Das hat uns über die Jahre sicherlich viele Euros gekostet, die wir nicht verdienen konnten, aber ich will diese Art der Arbeit nicht missen. Unsere Kinder sind mit Fotogloria aufgewachsen, meine 10-Jährige Tochter kam schon mit wenigen Monaten mit ins Büro und lag dort auf Ihrer Decke. Seit Jahren kommen alle Kinder dann einmal im Jahr mit zum Fotofestival in Zingst und spielen zwischen Ausstellungen und Fotograf*innen am Strand und gehören einfach mit dazu. Daher war auch die Corona-Zeit mit Homeoffice und Homeschooling kein krasser Sprung ins kalte Wasser, da hatte ich beruflich schon deutlich schlimmere.

Mike und Carla: Ausstellung gucken beim Umweltfotofestival »horizonte zingst«. Vor etwa… 6 Jahren.

Edda: Wir fragen uns immer zuerst: Wie passt das Agenturgeschäft ins Familienleben? Entsprechend ist Fotogloria um unsere Familien herum gebaut – wir arbeiten etwa schon von Anfang an mit Cloud-Lösungen und haben unser Büro immer dabei. Ich arbeite seit vielen Jahren aus Effizienzgründen meistens im Homeoffice, Mike auch immer dann, wenn es nötig ist und unsere Kinder sind natürlich immer ein Teil des Tages. Das war am Anfang von Fotogloria für die Welt da draußen noch eher ungewöhnlich und weit entfernt von selbstverständlich – auch bei mir. Ich erinnere mich an eine Situation, wo ich ein hochfiebriges Kind auf dem Rücken hatte, während ich einen Job detailliert am Telefon besprechen musste – im Wiegeschritt hin- und herlaufend, hoffend, dass er nicht weint und so keiner mitbekommt, dass ich eigentlich gerade andere Sorgen habe… Das kam mir danach aber so absurd und dem Kind gegenüber (und ehrlicherweise mir auch) ungerecht vor, dass ich seither immer am Telefon sage, wenn ich gerade mit Kindern im Supermarkt stehe oder die Stimmen im Hintergrund meinen Kindern gehören, die heute zuhause sind. Mit der der Corona-Zeit – in der auf einmal alle ihre Kinder zuhause im Büro hatten – hoffe ich, dass sich in puncto Selbstverständlichkeit noch so einiges zum besseren wenden wird.

10 Jahre… Eine lange Zeit, die natürlicherweise Höhen und Tiefen mit sich bringt. Welche?

Mike: Anfänglich haben wir meines Erachtens unterschätzt wie lange man braucht um eine neue Firma beziehungsweise ein neues Konzept im Markt zu etablieren. Und das in einem Markt, der von Tag zu Tag schwieriger wird. Das war eine lange und harte Zeit, in der wir uns auch das eine oder andere Mal gefragt haben, ob es wirklich die richtige Entscheidung war. Zusätzlich haben uns Trennungen, Geburten und Krankheiten immer wieder zusätzlich zurückgeworfen beziehungsweise gebremst – vor allem in den Anfangsjahren mussten wir viel einstecken und auf viel verzichten. Aber das Ganze hat uns von unserem Weg nicht abgebracht, das spricht für unsere Ausdauer…
Höhepunkte gab es einige, manche scheinen banaler als andere, aber trotzdem bewegend. Also ein eigenes Bild als Doppelseite in einem großen Magazin zu sehen ist schon sehr abgefahren. Aber bei der Bank einen Kredit abbezahlt zu haben, ist tatsächlich auch ein tolles Gefühl. Und für mich ist ein Shooting an einem vermeintlich „schweren“ Ort umzusetzen, sei es Irak oder Amazonas, auch immer wieder was sehr befriedigendes.
Und die alltäglichen Höhepunkte sind immer wieder die Mails mit Ergebnisse von Shootings, da bin ich bis heute immer wieder aufgeregt. Ist ein bisschen zu vergleichen mit dem früheren Gang zum Fotoladen um den entwickelten Film abzuholen!

Erste eigene Doppelseite – Mike und das FIFA-Magazin!

Edda: Die tiefste Tiefe – Mike hat es schon gesagt – war auch für mich direkt in den ersten vier, fünf Jahren von Fotogloria – wir hatten einfach knallhart unterschätzt, wie lang die Anlaufphase sein würde und waren permanent kurz davor, den Laden wieder schließen zu müssen, das ist glücklicherweise schon länger überstanden. Und bis hierher haben wir die Corona-Zeit auch ganz gut bewältigen können – hoffen wir, dass es dabei bleibt…
Dazu kam noch mein ganz persönlicher Horrortrip: Buchhaltung, Finanzverwaltung und Administration einer GmbH. Von wirklich nichts eine Ahnung habend musste ich mich von jetzt auf gleich mit komplettem Neuland beschäftigen und zwar mit einem, bei dem es um alles geht. Das war hart. Aber nachdem ich Mehrwertsteuern falsch berechnet und korrigiert, mich mit der KSK auseinandergesetzt, Verträge und AGB verhandelt, KVA und Rechnungsläufe optimiert und jeden Cent auf unserem Konto persönlich kennengelernt habe: Es macht mir mittlerweile sogar (fast) Spaß. Und wirtschaftliches Verständnis schadet in unserem Business sicher nicht – ganz im Gegenteil…
Die Höhen sind es dann aber, die uns immer weiter und immer neu machen lassen: Es ist ein großartiges Gefühl, wenn ein eigenes und freies Projekt funktioniert – die »Superlative – Made in Germany« zum Beispiel oder… Bald erblickt ein neues Projekt das Licht der Welt, aber hier sei noch nicht allzu viel verraten. Oder wenn sich monatelange Arbeit gemeinsam mit dem tollen Zingster Foto-Team in Form von Ausstellungen beim Umweltfotofestival »horizonte zingst« manifestiert. Oder wenn ich einfach nur stundenlang mit Fotograf*innen über Fotografie und der jeweiligen Sicht auf die Dinge sprechen kann…

Über Fotos sprechen. In Zingst. Beim Fotofestival 2019. Bei der Ausstellungseröffnung von Jimmy Nelson.

Darüberhinaus pflastern viele besondere und skurrile Momente Euren Weg – welche?

Mike: Es gab einige komische Momente, besondere Shootings oder seltene Deals mit Kunden. Ich darf glücklicherweise immer wieder auf Shootings mit und somit war ich in den 10 Jahren in sehr vielen tollen und einzigartigen Locations. Hier mal meine 10 besonderen Fotogloria-Momente:

10. Bei Airbus in der Produktion zu fotografieren, einfach gigantisch
9. Fotos vom toten Gaddafi zu verkaufen, irgendwie gruselig und für uns damals auch grenzwertig.
8. Unter Hamburgs Straßen beim XFEL zu fotografieren, abgefahren.
7. Für DHL Freight eine Autobahn zu mieten war seltsam und selten.
6. Eine ganze Nacht im Miniaturwunderland in Hamburg, einfach mal wieder Kind sein
5. Für ein Shooting am Strand in Brasilien einen Bodyguard engagieren zu müssen, mehr als komisch
4. Im Kernkraftwerk Brokdorf fotografieren zu wollen und dann wegen eines technischen Defekts an der Anlage abbrechen zu müssen, ein unschönes Gefühl.
3. Im Operationssaal der Helios-Endo Klinik bei OPs zu fotografieren, gewöhnungsbedürftig.
2. In den Hallen vom CERN fotografieren zu dürfen, unvergesslich.
1. Das Studio der Tagesschau zu betreten, das war mit der abgefahrenste Termin der 10 Jahre.

(Alternativ: … dem Stadionsprecher vom BVB beim Shooting des Stadions während eines Spiels so auf die Pelle zu rücken, dass er ausrastet.)

Einmal Tagesschau-Sprecher sein!

Edda: Ich nehme nochmal den Ausstellungsfaden auf, denn darin gibt es jedes Mal zwei besondere Momente. Der erste: Um eine Ausstellung zu planen, zu konzeptionieren und letztlich zu kuratieren, steige ich immer sehr tief in die jeweilige Arbeit ein, lerne die Bilder kennen, spreche mit Fotograf*innen und setze mich mit ihnen auseinander. Um dann alles Gesehene und Gehörte so umzusetzen, dass es zugänglich für ein Publikum wird. Das kann Tage oder Wochen dauern. Aber irgendwann in dem Prozess gibt es immer den Moment des: „Jetzt hab‘ ich es“ – das ist der, wenn die fertige Ausstellung vor mir liegt und logisch ist. Diesen Moment schätz ich sehr. Ebenso den, wenn dann endlich das Publikum in Zingst die Ausstellung zu sehen bekommt und unmittelbar reagiert – das ist aufregend.
Meine besonderen Momente in den freien Projekten hingegen sind die, wenn ein als unmöglich erscheinender Termin doch klappt. Spätestens für das Superlative-Projekt bin ich losgezogen, um uns Einlass zu verschaffen und Fototermine zu organisieren: So habe ich den Frankfurter Flughafen überredet, uns die unterirdische Gepäcklogistik fotografieren zu lassen, habe sonstwas für Fäden gezogen – und das über zwei Jahre lang – damit wir in Schnöggersburg, der größten Übungsstadt Deutschlands der Bundeswehr fotografieren durften, ich habe sehr viele Argumente und Monate aufgewendet, um besagtes Shooting im KKW Brokdorf zu organisieren, habe den Fotografen mitten in der Nacht ins Casino Baden-Baden schicken dürfen, wir haben das einzige Foto vom  Vinci-Triebwerk für die Ariane-2-Mission im Höhensimulationsprüfstand beim DLR fotografiert und die Tagesschau hat für uns eine einzigartige Ausnahme gemacht und wir durften im Studio Bilder machen. Derer gibt es noch viele Beispiele und Geschichten – besonders ist jedes Mal für mich, wenn ich Menschen davon überzeugen kann, uns und unseren Bilder zu vertrauen.

Ist auch mal was so richtig schief gegangen?

Mike: Hier fallen mir zwei Shootings auf Anhieb ein. Wir hatten für ein Projekt mit DHL eine Autobahn gemietet, was naturgemäß nicht einfach und auch nicht billig war. Wir sollten LKW in Fahrt fotografieren. Die Wettervorhersage passte, also sind wir gut gelaunt früh morgens mit dem ganzen Team hingefahren. Vor Ort kam dann der Schreck, man sah vor lauter Nebel fast die eigene Hand nicht. Laut Wetter App standen wir in der prallen Sonne, leider war davon nichts zu sehen. Erst sechs Stunden später war der Nebel tatsächlich weg und wir schafften es zum Glück doch noch, tolle Motive zu machen. Aber hier war wirklich viel Geduld gefragt, vor allem seitens der Kundin – und die hatte sie zum Glück!
Das andere war für die FIFA. Da sollten wir einen Spieler vom AS Rom fotografieren. Solche Termine sind schwer zu bekommen, immer sehr kurz und alles muss in der Organisation stimmen. Der Termin stand, der Fotograf war gebrieft und der Verein hatte auch das Ok gegeben bei denen auf dem Gelände zu fotografieren. Nun war der 15-jährige Sohn vom Fotografen krank geworden und der Fotograf hatte keine bessere Idee als den Sohn dann einfach mal auf das Shooting mitzunehmen. An der Clubpforte wurde ihm aber natürlich gesagt, dass der Sohn krank nicht zu den Spielern darf. Er solle doch bitte die paar Minuten im Auto warten. Daraufhin hat der Fotograf eigenhändig entschieden nicht zu fotografieren und nach Hause zu fahren. Von dem Vorfall habe ich erst am nächsten Tag erfahren… mit dem Fotografen habe ich nie wieder gearbeitet und für die FIFA durften wir glücklicherweise weiter fotografieren.

Edda: Die Sache mit der Mehrwertsteuer… Unappetitlich. Konnte repariert werden, hat mir aber einige graue Haare mehr eingebracht…

„Edda, ich hab‘ da mal ne Autobahn gemietet…“

2010 – 2020 aus dem gesamtwirtschaftlichen Blickwinkel heraus wilde Zeiten – wie hat sich das Business verändert?

Edda: Die Branche ist extrem anfällig für alle wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und technischen Veränderungen. Jede Entwicklung da draußen bringt neues mit sich, alles schlägt sich auf alles. Und die Preise sind wirklich im steten Sinkflug… Im Laufe der Jahre haben wir entsprechend festgestellt, dass wir immer flexibel und nach Möglichkeit einen Schritt voraus sein müssen. Alles, was wir tun muss ständig überprüft werden, gute alte Gewohnheiten oder „das haben wir schon immer so gemacht“ haben keine Chance mehr und diese Entwicklung wird immer schneller. Wir jonglieren also ständig, werfen über Bord und denken immer neu. Das ist anstrengend, da unsere Existenz dadurch wirklich selten auf lange Sicht gesichert ist. Aber ehrlicherweise hat das alles immer den Hauch von Goldgräberstimmung und das ist schon auch reizvoll…

Mike: Ich bin mir nicht sicher, ob es viele andere Berufszweige gibt, die sich so schnell, rasant und stetig in den letzten Jahren geändert haben. Wer hätte vor 10-15 Jahren vorhergesagt, dass viele der großen Zeitungen und Magazine einfach dicht machen würden. Wer hätte gewagt zu sagen, dass man heute Bilder umsonst oder für einige Cent erwerben kann.
Und auf der anderen Seite, dass man quasi eine komplette Studioausrüstung im Handgepäck schleppen kann. Wir haben kürzlich den ersten Auftrag mit einem Handy umgesetzt, das Ergebnis war großartig, der Kunde zufrieden… Verrückte Welten. Auch wenn ein Auftrag mit dem Handy nicht die Regel ist und sicherlich auch nicht werden wird zeigt das wie radikal sich dieses Business in den letzten Jahren gewandelt hat. Es ändert sich wirklich stetig, leider meistens nicht zum Vorteil derer, die davon leben müssen, aber wir versuchen unsere Arbeit an die Marktsituation und die Anforderungen anzupassen. Und das – da schließe ich mich Edda an – fordert uns aber auch immer wieder aufs Neue heraus.

Nachdenken über neue Strategien.

Und wo steht Fotogloria 2030?

Edda: Gemessen an der Erfahrung der vergangenen 10 Jahre – siehe vorherige Frage – weiß ich nur eines sicher: Es wird sich viel ändern und unsere Aufgabe wird weiter sein, beweglich zu bleiben. Die nächsten 10, 20, 30 Jahre werden deshalb sicher reizvoll, denn mit den steten Veränderungen wird auch immer wieder ein neuer Rahmen für ungewöhnliche Ideen und neue Ansätze geschaffen. Ich bin ziemlich neugierig auf das, was kommen wird.

Mike: Wir werden dann am Meer in einer Hängematte liegen, mit einem kühlen Bier in der Hand und das Leben genießen… und die Fotogloria-Dollars zählen. Ne, im Ernst, ich hoffe, dass wir weiterhin in dem Bereich, den wir lieben, zusammen arbeiten dürfen. Dass wir dann mit eigenen Projekten, Ideen und toller Fotografie unser Lebensunterhalt weiterhin bestreiten dürfen und immer noch was bewegen können. Bei der Dynamik im Markt würde ich es nicht wagen zu sagen, wo das Business in 10 Jahren sein wird, aber Fotos werden wohl immer weiter gebraucht und wir haben uns in diesen letzten 10 Jahren als sehr anpassungsfähig gezeigt, also warum nicht weitere 10 Jahre erfolgreich arbeiten.

Bitte ein Schlusswort.

Mike: Ich fühle große Dankbarkeit, dass ich seit vielen Jahren in diesem Beruf arbeiten darf und von der Fotografie leben kann. Und ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Fotografen weiterhin tagtäglich Geschichten erzählen, für uns als Zeitzeugen in der Welt agieren, und den Moment dokumentieren. Ohne Fotografie wäre die Welt um ein ganzes Stück ärmer. Wir wüssten so viel weniger, wir könnten uns unsere Meinung sehr viel schwerer bilden. Ich sehe in der Fotografie eine so wichtige Rolle in der Zeitgeschichte und freue mich einfach täglich darüber, dass ich meinen ganz kleinen Beitrag dazu leiste.

Edda: In den tiefsten Tiefen meines Herzens glaube ich daran, dass Fotografie die Welt erklären und vielleicht auch manchmal retten kann – immer nur für einen kurzen, individuellen und ganz persönlichen Moment, aber der bewegt oft eine Menge.
Ja, stimmt, ich bin eine unverbesserliche Idealistin. Interessanterweise haben die vielen Jahre im Business diese Haltung aber nicht geschmälert, sondern im Gegenteil weiter geschärft und verstärkt. Idealismus ist ja schließlich keine stoische Haltung, sondern kann sich an Erfahrungen anpassen.
Fotografie jedenfalls ist ein unglaublich vielfältiges Medium, das so viel kann – ihr muss dafür aber auch auf mehreren Ebenen die richtige Bühne geschaffen werden. Das ists, was mich umtreibt, das ists, was ich immer wieder versuchen möchte und werde.
Ich bin froh und dankbar, dass wir bis hierher ganz großartige Auftraggeber, Wegbegleiter, Partner und Fotograf*innen gefunden haben, mit denen wir in diesem Sinne zusammen arbeiten. Dankbar bin ich für meine tolle Familie, die mir immer den Rücken stärkt und alles mitmacht. Und froh und dankbar bin ich auch, dass ich in Mike DEN Mitstreiter gefunden habe, mit dem ich mich blind verstehe, mit dem gemeinsam ich seit 10 Jahren (genau genommen bereits sein 16 Jahren) durch alle Fotogloria-Höhen und Tiefen gehen konnte und der mein idealistischer Bruder im Geiste ist.
Hoch die Tassen, jetzt wird gefeiert.

2010 – kaum (…) gealtert, seither.

P.S.: Das Titelbild hat Sebastian Vollmert gemacht. Alle anderen Bilder… Wir wahrscheinlich. Oder jemand anderes. Raphael Janzer war es einmal, Christoph Papsch ein anderes Mal, Anke Großklaß hat auch eines gemacht.

P.P.S.: Die Kontakte am Ende müssen natürlich sein – Fotogloria steht rund um die Uhr für alle Fragen rund um die Fotografie zur Verfügung – funken Sie uns gerne auf allen Kanälen an:

Mike Gamio
0176 24 55 84 40
mike.gamio@fotogloria.de

Edda Fahrenhorst
0162 427 01 67
edda.fahrenhorst@fotogloria.de

oder
info@fotogloria.de

fotogloria kann: PROJEKTMANAGEMENT

Wir sind darin erprobt, komplexe Aufgaben fotografischer und organisatorischer Natur zu bewältigen, denn wir sind erfahren in unserem Handwerk. Mit sorgfältiger Planung, Geduld und der nötigen Flexibilität realisieren wir sowohl langfristige, als auch internationale Projekte mit einem oder mehreren Fotografen. Oder beides zusammen. Lassen Sie uns Ihre Ideen wissen – wenn sie machbar ist, sind wir dafür die Richtigen.

Was heißt Projektmanangement im Zusammenhang mit Fotografie?
In unserem Fall heißt das, dass wir – neben der »normalen« Fotografen und -Shooting-Vermittlung – auch sehr gerne komplexe und längerfristige Aufgaben für unsere Kunden planen. Für eines unserer umfassendsten Projekte haben wir etwa für den Deutschen Industrie- und Handelskammertag realisiert – es galt rund 100 Berufe in anderthalb Jahren zu recherchieren, zu terminieren und letztlich zu fotografieren. Das braucht neben einer hervorragenden Organisation Geduld, hin und wieder Spontanität und vor allem eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten.
Komplexe Aufgaben schrecken uns also nicht. Im Gegenteil: Sie spornen uns an, fordern uns heraus und bringen uns zu allem Überfluss Spaß.

Wenn ich nur eine vage Projektidee habe, könnt Ihr mir bei der Ausformung derselben behilflich sein?
Gerne, das können wir mit am Besten. In den vielen Jahren in der Branche haben wir nämlich eines besonders gut gelernt: Wir können zuhören. Und anschließend das Gehörte in eine machbare Form bringen.

Was genau bietet Ihr denn in punkto Organisation und Administration an?
Das Rundum-Sorglos-Paket: Wir kümmern uns um die komplette Organisation, Terminierung, Rechteklärung, Shootingorganisation, Abrechnung und alle geschätzten tausend Kleinigkeiten, die es rund um ein reibungsloses Projekt zu bewältigen gilt.

Eine letzte Frage: Entwickelt Ihr auch eigene Ideen für Projekte?
Ja. Mit Leidenschaft– dürfen wir mit einer Idee an Sie herantreten? Kurze Nachricht genügt und wir werden versuchen, Sie zu überraschen.

 

*Sie suchen jemanden, der Ihnen bei einem komplexen fotografischen Projekt mit Rat, Tat, Geduld und Know-How beiseite steht? Und jemanden, der auch eigene Ideen beizusteuern weiß? Dann sind Sie bei fotogloria Projektmanagement richtig: info@fotogloria.de oder +49 (0)40 609 42 906 -0!

Das BESTE Bild von… Carsten Behler

In der Ruhe liegt die Kraft. Sagt man. Und zumindest das BESTE Bild von fotogloria-Fotograf Carsten Behler tritt eben dafür den Beweis an.

fotogloria: Wo und wann ist Dein bestes Bild entstanden?
Carsten Behler: Das Bild ist beim MAYDAY, dem Tanz in den Mai der Techno-Szene, in den Dortmunder Westfalenhallen entstanden, irgendwann in den frühen Morgenstunden am 01. Mai 2004. Es ist also schon etwas älter.

Wie ist es entstanden?
Ich war auf dem MAYDAY, um sowohl Portraits als auch Fotos von den großen tanzenden Massen zu machen. Fotografiert habe ich mit der Hasselblad auf Film. Für die Massenszenen habe ich die Kamera auf ein Stativ gestellt und von den Tribünen aus jeweils mehrere Sekunden lang belichtet: Die meisten Personen waren dann durch die Bewegungsunschärfe verwischt, aber durch die Lichteffekte in der Halle wurden Einzelne klar umrissen gezeichnet, als würden sie stillstehen, während um sie herum alles in Bewegung ist.
Für die Einzelportraits habe ich Leute angesprochen, ob sie sich für ein paar Sekunden ruhig für mich hinstellen können. Meine Freundin hat mich begleitet und einen Stabblitz gehalten, der dann das Hauptlicht war. Zusätzlich habe ich noch etwa acht Sekunden mit der Kamera in der Hand belichtet, um das Raumlicht mit dazu zu nehmen.

Für wen hast Du Dein bestes Bild gemacht?
Das Bild habe ich für meine Diplomarbeit gemacht. Es ging dabei um Privatheit und Öffentlichkeit, das Individuum und die Masse… um das mal grob zum umreißen. Ich habe etwa ein halbes Jahr lang daran gearbeitet.

Warum ist genau dieses Bild Dein bestes Bild?
Ich mag diesen Blick der Frau, wie sie völlig in sich ruhend dasteht, selbstvergessen, obwohl sie für die Kamera posiert. Dazu passt der diffuse, sich im Rauch und Nebel auflösende Hintergrund, in dem noch eine weitere Person verschwindet.

Und zuguterletzt: Gibt es etwas an dem Bild, was Du im Nachhineindoch noch gerne verändern  würdest?
Vielleicht noch etwas mehr Nebel…

 

* Carsten Behler ist in Unternehmen, deren Führungsetagen und auch in vielen Themen rundherum unterwegs. Für seine Auftraggeber ist immer auf der Suche nach DEM interessantesten Menschenbild und DEN spannendsten Motiven. Carsten Behler lebt in Essen.

** Über fotogloria können Sie Carsten Behler gerne für Ihre Ideen und Aufträge buchen – melden Sie sich jederzeit unter 040 609 42 906 -0 oder info@fotogloria.de.

Das BESTE Bild von… Andrea Artz

Auf der Suche nach dem einen, dem wichtigsten, dem prägnantesten, dem aussagekräftigsten Bild für einen Reportage-Job und auf einmal ist es da: Das BESTE Bild von Andrea Artz

fotogloria: Wo und wann ist Dein bestes Bild entstanden?
Andrea Artz: Eines meiner Lieblingsbilder dieses Jahres – denn für »ein« bestes Bild kann ich mich nicht entscheiden – ist im Geburtshaus von Shakespeare entstanden. Ich war zum erstenmal in Stratford-upon-Avon und meine Erwartungen wurden von der Disney-Kulisse und dem Ausverkauf des Lebens Shakespeares ziemlich enttäuscht. Wie also ein interessantes Foto machen das Bezug zu Shakespeare steht und auch noch Atmosphäre hat?

Wie ist es entstanden?
Als ich auf Motivesuche durch das Geburtshaus Shakespeares lief, fiel mir eine kostümierte Schauspielerin auf, die großen Besuchergruppen das Schlafzimmer Shakespeares erklärte. Der Raum war düster, aber das Licht hatte eine malerische Qualität. Und als die Frau während einer Besucherpause aus dem Fenster blickte, sah ich die perfekte Szene vor mir. Ich fragte Sie also, ob Sie damit einverstanden wäre, für mich zu posieren. Als der Besucherstrom kurz nachließ, dirigierte ich Sie in eine aus dem Fenster schauende Profilhaltung. Im Rucksack hatte ich meine Canon 5d MarkIII und verschiedene Optiken, wobei dieses Foto mit einer Weitwinkeloptik gemacht wurde da ich keinen Schritt mehr zurück konnte.
Wenn ich Portraits mache, lasse ich die Person eine Haltung oder Handlung die mir gefallen hat wiederholen. Ich komme selten mit einer vorgefertigten Vision zum Portraitshoot, sondern lasse mich vom Zufall und von den Menschen inspirieren und versuche dann die Situation zu perfektionieren.

Für wen hast Du Dein bestes Bild gemacht?
Ich war unterwegs im Auftrag der Zeit für eine Reportage anlässlich des 400. Todestages von Shakespeare.

Warum ist genau dieses Bild Dein bestes Bild?
Ich mag dieses Bild, da es die Ruhe eines Gemäldes von Vermeer ausstrahlt und die Stimmung einer vergangenen Zeit einfängt. Es ist ein Portrait der Schauspielerin und gleichzeitig ein Reisebild. Besonders gefällt mir auch die verzerrte Reflexion der Portraitierten im Spiegel, die mich an die anamorphen Gemälde aus dieser Zeit erinnert.

Und zuguterletzt: Gibt es etwas an dem Bild, was Du im Nachhinein doch noch gerne verändern würdest?
Nein es ist genauso gut, wie es in diesem Moment möglich war. Licht und Model waren perfekt, was bei Portraitshoots recht selten vorkommt und wo ich dann meist noch viel nachhelfen muss.

 

* Andrea Artz ist gebürtige Deutsche und lebt seit 2010 in London. Von Ihrem South East London Studio in Peckham fotografiert Sie Portraits, Reisegeschichten und Reportagen für editorial und corporate Kunden, darunter Siemens, Deutsche Bank, Bystronic, Bombardier, Zeit, Spiegel, Cicero, Lufthansa Exklusiv, British Airways, The New Yorker, Fortune und Time Magazin etc… Über fotogloria können Sie sie gerne auch für Ihre Ideen buchen.

** Ihr Unternehmen, Ihre Agentur, Ihr Magazin hat internationale Themen und Sie suchen einen Fotografen vor Ort, der die Landessprache spricht, sich mit den kulturellen Gepflogenheiten auskennt und der Ihre Qualitäts-Standards erfüllt? Oder Sie suchen das ungewöhnliche Bild? Wir finden für Sie den passenden Fotografen für jeden Bereich der Unternehmenskommunikation und jedes Bild für jede Ihrer Ideen. Eben das Internationale Fotografennetzwerk von fotogloria: international@fotogloria.de

Das BESTE Bild von… Philippe Roy

Für Porsche ein Bild komponieren und fotografieren? Ein Traum. Und ebenjener wurde jüngst wahr für Philippe Roy. Kein Wunder also, dass das Motiv das BESTE Bild des Shanghaier Fotografen ist.

fotogloria: Where and when did you take your best picture?
Philippe Roy: This was taken in Shanghai just this May (2016) for our most recent local campaign for Porsche China After Sales department.

How did it come about?
This was a very complicated picture series for a multitude of reasons, and probably why it’s one of our favorites as it tested all of our skills: production, photography, CGI and retouching – until the next challenge comes along, of course! Basically each part of the final artwork was taken individually and put together in post-production. The background was created by John Foster, my partner. Because of the car logistics (the Porsche Macan GTS and 919 Le Man’s LMP1) we had to shoot on-location at the Porsche garages which created a long list of technical issues we had to surpass. We had to map out the shooting area, and figure out camera angles and lighting positions weeks before the actual shooting. And we also had to order two tons of mirrors to create the reflections we needed… that said, life is boring without a challenge.

For whom did you take your best picture?
PCN. Porsche China After Sales Services.

Why do you consider this picture in particular your best picture?
Because it showcases all of our studio talents into one project. Where we project managed and planned the shooting down to the millimeter. Had 3D floor plans of our shooting area created. Did photography. Did a CGI background. Put it all together and made our client happy on top of it all!

Retrospectively, is there anything in the picture that you would change?
Nothing that we would like to change in this picture particularly, but more that we are ready to take on the next project. Something even more challenging. Something even more complicated… bring it on.

 

* Ob Werkshalle, Fertigungsstraße, Qualitätskontrolle oder Lager. Ob Mitarbeiter, Führungsstab oder Produktpalette – Philippe Roy bewegt sich mühelos an allen Stationen, die zu einer guten Corporate Fotografie gehören. Seine Bilder zeigen alles, was wichtig ist: Konzentriert, auf den Punkt gebracht und das in höchster fotografischer Qualität. Corporate Fotograf Philippe Roy hat einige Zeit seines Lebens in Indien verbracht, lebt derzeit in Shanghai, China, und arbeitet weltweit.

fotogloria vertritt Philippe Roy exklusiv und weltweit. Über fotogloria können Sie ihn gerne für Ihre Ideen und Aufträge buchen – melden Sie sich jederzeit unter 040 609 42 906 -0 oder info@fotogloria.de.

Das BESTE Bild von… Florian Müller

Losgehen mit einer Bildidee, sich trotzdem von einem anderen Motiv überraschen lassen und dann das BESTE Bild mit nach Hause bringen – Florian Müller und seine Geschichte:

Wo und wann ist Dein bestes Bild entstanden?

Im Januar 2015 im Bergischen Land. Auf einem verschneiten Feld im Nebel.

Wie ist es entstanden?
Ich war auf der Suche nach einem kleinen Wäldchen auf einem Feld im Nebel. Ursprünglich wollte ich die Ahnung dieses Wäldchens, auftauchend aus dem alles gleichmachenden Nebel aufnehmen. Eine Art visuell-poetische Übersetzung von Melancholie und Einsamkeit; aber auch Ruhe, Stille und Friedlichkeit vermittelnd. Ich hatte längere Zeit auf diese Kombination Schnee/Nebel gewartet und bin nach entsprechender Wettermeldung losgezogen. Im Gepäck: Stativ, Nikon D800E, diverse Festbrennweiten (50, 35, 85mm). Auf dem Weg zum Wäldchen tauchte plötzlich diese Gruppe eingepackter Heuballen aus dem Nebel auf.

Für wen hast Du Dein bestes Bild gemacht?
Für ein privates Projekt. Für Ausstellungen und als Kunstwerk in limitierter Edition.

Warum ist genau dieses Bild Dein bestes Bild?
Was mich faszinierte, war das Material – kein Kunststoffüberzug, sondern feines, grünes Gewebe, was an Stoff erinnerte. Außerdem die Formen, wie Gesichter oder Skulpturen. Die Verpackung, der Stoff, die fast schon erhabene Präsenz mitten im Nichts. Für mich war sofort der Gedanke an Christo da. Natürlich abstrakter, nicht etwas Imposantes wurde verhüllt, sondern etwas Profanes. Trotzdem wurde der gewöhnliche Heuballen für mich durch die Verhüllung zu etwas Kunstvollem transformiert. Die Phrase, dass Kunst im Auge des Betrachters entsteht, wird hier augenzwinkernd realisiert und durch den Titel »Not Christo« fast brutal dem Betrachter entgegengeschleudert .
Für mich war das Entdecken des Motivs ein schöner »Ach Guckmal-Moment«. Auf der Suche nach etwas ganz anderem fand ich dieses Ensemble und war fasziniert. Der Engländer nennt diesen Moment »Serendipity« – Finden wonach man gar nicht sucht. Prima Sache. Dass sich dieses Bild auch noch an anderer Stelle großer Beliebtheit erfreut, ist ein weiterer schöner Nebeneffekt: Es hat bei den International Color Awards 2016 den ersten Platz in der Kategorie „Still Life“ gemacht und ist zur Zeit als Finalkandidat bei den diesjährigen Awards der Association of Photographers nominiert.

Und zuguterletzt: Gibt es etwas an dem Bild, was Du im Nachhinein doch noch gerne verändern würdest?
Nö.

Über die professionelle Fotografie – im Industrieanzeiger

Der Industrieanzeiger – die Fachzeitschrift für die verarbeitende Industrie – hat uns gebeten, seiner Leserschaft das Thema professionelle Fotografie näher zu bringen. Haben wir doch gerne gemacht:

Professionelle Fotografie als Kommunikationsinstrument

Fotografie ist ein vielseitiges Marketing- und Kommunikationsinstrument. Doch wie findet man in dem Überangebot den richtigen Weg für das eigene Unternehmen? Dieser Artikel möchte einige Hinweise darauf geben, wie sich Firmen dem Thema annähern oder es für ihre Zwecke gezielt ausbauen können.

Bilder sind und bleiben für den ersten Eindruck zuständig, nur dass sie mittlerweile eine noch viel breitere Verwendung als je zuvor finden. Eine klassische Messewand will heute genauso bespielt werden, wie die sozialen Medien. Das viel beschworene Content Marketing soll gleichermaßen bestückt sein, wie herkömmliche Flyer und Broschüren. Die Website ist ebenso Aushängeschild wie Produktkatalog oder die hauseigene B2B- oder B2C-Publikation.
Für eine erfolgversprechende Kommunikation mittels Fotografie ist ein schlüssiges und auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Unternehmens zugeschnittenes Bild-Konzept die Voraussetzung. Im Wesentlichen sollte es die folgenden Fragen aufgreifen und beantworten:
• Wofür werden Bilder benötigt?
• Was soll gezeigt werden?
• Wie sollen die Bilder wirken?
• Wo sollen die Bilder eingesetzt werden?
Ist ein Unternehmen beispielsweise auf die Fertigung von Produkten spezialisiert, die es außerdem mit eigens erbrachter Serviceleistung montiert, wartet und instand setzt, kann es mithilfe von Fotos zeigen, dass Kunden bei ihm höchste Funktionalität, beste Qualität und den dazu passenden zuverlässigen Service bekommen.

Wie könnten die Fotos aussehen?

Möglichkeit 1: Zeigen Sie in Ihrer Unternehmenskommunikation, wer Sie sind und was Sie können! Für das passende Motiv sollten Unternehmen sich über die Schulter schauen lassen und so potenzielle Kunden mit in ihre Produktion nehmen. Mit Hilfe einer gezielten Bildsprache – beispielsweise durch Mitarbeiterportraits oder Produktfotos – lassen sich Kunden begeistern.
Möglichkeit 2: Sie bringen alle aufgezählten Eigenschaften auf die Symbolebene und entwickeln für jede Kompetenz ein illustrierendes Bild. Für zuverlässigen Service steht beispielsweise ein kräftiger Händedruck. Entsprechende Einzelbilder sind mit etwas Glück bei Bilddatenbanken zu finden, können aber natürlich auch – und damit wesentlich gezielter – nach individuellen Vorstellungen, mit eigenen Mitarbeitern und in einer einheitlichen Bildsprache fotografiert werden.
Möglichkeit 3: Entwickeln Sie eine Kampagne, die auf einem individuell auf Ihr Unternehmen und Ihr Produkt zugeschnittenen Bildkonzept – meist in Verbindung mit Text – basiert. Mit starken Bildern können Unternehmen zeigen, wie sie denken, was sie können und wer sie sind. Natürlich gibt es noch viele weitere Möglichkeiten, eine fotografische Unternehmenskommunikation auszurichten – am Wichtigsten dabei ist, dass die individuellen Ziele dabei im Fokus stehen.

Industrieanzeiger_2

Wie findet man den richtigen Fotografen?

Über die einschlägigen Suchmaschinen oder Mundpropaganda lassen sich zahlreiche Fotografen finden, von denen natürlich jeder davon überzeugt ist, sein Handwerk zu beherrschen und der Richtige zu sein. Unternehmen sollten bei der Auswahl berücksichtigen, dass es gerade in der Industriefotografie sehr gute und hoch spezialisierte Profis gibt. Und genau diese sollte man auch für die eigenen Ideen buchen, denn ausgewiesene Industriefotografen wissen, wie man sich in Werkshallen & Co. bewegt. Sie wissen, welche Fragen sie stellen müssen, damit das Bildergebnis exakt ist. Sie haben den richtigen Umgangston, der jeden Mitarbeiter davon überzeugt, gut und gerne Model zu stehen. Sie wissen, wie man ein gutes Bild von der kleinsten Schraube bis zur größten Produktionshalle bekommt. Und vor allem: Sie sind neugierig und interessieren sich für das, was sie fotografieren. Gleiches gilt natürlich auch für Fotografen, die sehr gut Menschen fotografieren können, oder Produkte inszenieren, oder große Kampagnen begleiten.

Was kostet das?

Die Frage ist natürlich an dieser Stelle nicht in Beträgen zu beantworten, aber generell ist es wie in jedem anderen Bereich auch: Für Qualität lohnt es sich, ein wenig mehr auszugeben, denn Profis liefern meist in kurzer Zeit zufriedenstellende Ergebnisse, die den Vorstellungen der Auftraggeber entsprechen.

Fazit

Qualitativ hochwertige und gezielt eingesetzte Fotografie ist ein perfektes Marketinginstrument. Um das individuell beste Ergebnis zu erreichen, ist es aber unerlässlich, Zeit und Geld in die Hand zu nehmen – beides fließt mithilfe der produzierten Fotos aber bestimmt wieder zurück in die Unternehmenskasse.

Praktische Hinweise

Augen auf beim Rechtekauf: Die Lizenzierung von Bildmaterial (vor allem bei bereits vorhandenen Fotos über Bildagenturen) ist ein sehr komplexes Thema, das – wenn man damit keine oder wenig Erfahrung hat – zu einem unangemessenem Geld- und Arbeitsaufwand führen kann. Darum sei hier ausdrücklich dazu geraten, Profis mit dem Thema Lizensierung zu beauftragen, die sich in allen Bereichen damit auskennen. Eine weitere Möglichkeit ist es, eine Schulung zu organisieren – es gibt von verschiedenen Institutionen und Agenturen entsprechende Angebote, auch Inhouse.

Releases & Co.: Jegliches Bildmaterial (ob neu, archiviert oder dazu gekauft), dass in der Unternehmenskommunikation Verwendung findet, braucht ein Model- und/oder Property-Release (Freigabe für die Verwendungsrechte). Lassen Sie sich in diesem Punkt ausführlich beraten, damit es keine bösen Überraschungen gibt.

Archivarbeit: Es lohnt sich, für Ihre Fotos ein Bildarchiv aufzusetzen. Das bedeutet zwar eine Anfangsinvestition, aber danach über Jahre eine Arbeitserleichterung. Mit einem vernünftigen Archiv lassen sich Fotos schnell auffinden, können übergreifend (also von verschiedenen Standorten oder Abteilungen) genutzt werden und sind mit allen nötigen Infos zu Releases, Rechten & Co. versehen. Es gibt verschiedene Archivierungssysteme auf dem Markt, lassen Sie sich auch hier gut beraten. Das Wichtigste dabei ist allerdings die Verschlagwortung – sprechen Sie dafür Profis an.

 

*Die Autorin dieses Textes – Edda Fahrenhorst – gehört zu den drei Gründern und Geschäftsführern von fotogloria | büro für fotografische zusammenarbeit. Die Hamburger Agentur hat sich auf die Dienstleistung rund um das Thema Fotografie spezialisiert – mit den Schwerpunkten Industriefotografie und Unternehmenskommunikation. Vom fotografischen Konzept, über die gezielte Fotografenvermittlung (deutschlandweit und international) und die kreativ-administrative Shootingbegleitung bis hin zur Beratung in allen Fragen zu den Themen Bildredaktion oder Bildarchiv ist fotogloria der richtige Ansprechpartner für Unternehmen in jeder Größenordnung. Das Team von fotogloria arbeitet seit vielen Jahren erfolgreich für seine Kunden und freut sich auch auf Ihre Anfrage – schauen Sie sich gerne unter www.fotogloria.de um und melden sich jederzeit unter info@fotogloria.de oder +49 (0)40 609 42 906 -0

Frauen auf Bäumen – oder wie aus einer Sammelleidenschaft ein Buch wurde

Es ist fast ein modernes Märchen: Seit bereits 25 Jahren sammelt fotogloria-Mitbegründer und Geschäftsführer Jochen Raiß historische Amateuraufnahmen – um sie vor dem Vergessen zu retten, zu seiner eigenen Freude, einfach, weil es schöne Bilder sind. Nach all den Jahren beschließt er, auch mal andere Menschen einen Blick auf seine Kollektionen werfen zu lassen und tippt auf der Frankfurter Buchmesse der erstbesten Frau auf dem Stand des renommierten Verlages Hatje Cantz auf die Schulter. Wie sich herausstellt, ist er in dem Moment auf Ulrike Ruh getroffen, ihres Zeichens Programmchefin des Verlages. Der Rest ist das Happy End des Märchens: Nur knapp 6 Monate später ist der Bildband »Frauen auf Bäumen« erschienen.

Wir haben mit Jochen und mit Ulrike Ruh über das Buch gesprochen.

Jochen Raiss 11

fotogloria:  Jochen, Du sammelst seit 25 Jahren historische Amateuraufnahmen – kannst Du Dich an Deine erste Frau auf einem Baum erinnern?
Jochen Raiß: Ja, das kann ich. Das war in Frankfurt, während meines Studiums vor etwa 24 Jahren. Es zeigt eine Frau auf einem Baum in einem Kleid. Es sind eher Tanzschuhe mit Absatz, als geeignetes Schuhwerk zum Erklimmen eines Baumes. Das war natürlich ein toller Fund. So etwas hatte ich zuvor noch nicht gesehen.

Und was hast Du gedacht, als Du die zweite, dritte, vierte… Frau auf einem Baum gefunden hast?
Da habe ich mich sehr gefreut. Beim ersten Mal dachte ich »Super, toller Schnappschuss«. Beim zweiten, dritten und vierten habe ich mich zwar gewundert, dachte aber immer noch nicht an eine Serie.

Jochen Raiss 9

Wie viele Frauen auf Bäumen hast Du denn insgesamt im Laufe der Zeit zusammen getragen? Und wo hast Du sie gefunden?
Im Vorwort zum Buch schreibe ich 91 Motive. Das war im März, mittlerweile habe ich über 100, was auch daran liegt, dass mir aufgrund des Artikels bei SPON über die Strecke einige nette Menschen  »Frauen auf Bäumen« geschickt oder im Scan zur Verfügung gestellt haben. Auch Tipps und Hinweise zu »Frauen auf Bäumen« auf Verkaufsplattformen im Internet habe ich erhalten!

Die Bilder lagen die ganzen Jahre über in Deinem Archiv, wie kam es dazu, dass Du sie aufgearbeitet hast?
Ich sammele ja wirklich schon sehr, sehr lange. Und lange Zeit nur für mich im Stillen. Ich dachte, dass das ein Hobby ist, das nicht wirklich andere Menschen interessiert. Das dem doch so ist, habe ich im Sommer 2014 erfahren, als ich meine erste Ausstellung hatte.
Zu der Ausstellung kam es eigentlich durch einen Zufall. Ich hatte zu der Zeit gerade mit dem Scannen einiger meiner Bilder begonnen, um sie einmal auf dem Bildschirm anzuschauen. Und auf dem ersten Scan entdeckte ich auf dem Bildschirm in der Vergrößerung eine Person im Fenster, die ich zuvor nie gesehen hatte. Das war natürlich unheimlich aufregend. In diesen Tagen lernte ich auf einer Party eine Frau kenne, die eine kleine Galerie betreibt. Ich erzählte Ihr von meiner Entdeckung, weil ich so begeistert davon war. Sie brachte mich schließlich dazu, bei ihr auszustellen.
Normalerweise erzählte ich zu dieser Zeit gar nicht oft von meinem Sammeln. Selbst Freundinnen und Freunde haben sich  gewundert, als sie dann eine Einladung zu der ersten Ausstellung bekommen haben. Und die Ausstellung war für mich ein prägendes Erlebnis.
Ich hatte so viele tolle Gespräche und Begegnungen mit unterschiedlichsten Menschen. Leute, die extra zu der Ausstellung kamen, zufällig vorbeikommende, Anwohner, etc. Junge Menschen, Alte, in meinem Alter und so weiter. Wirklich jeder, der in die kleine Galerie kam, hat ein Foto gefunden, das ihn/sie auf irgendeine Weise angesprochen hat – das war einfach wunderbar. »Meine« Bilder, die ich schon so lange besitze, waren auf einmal öffentlich und ich durfte/konnte/musste mich darüber austauschen. Klasse! Super Erfahrung.
So kam es dann, dass ich mir eine Website gestaltet habe und die verschiedenen Kollektionen dort zum Teil jetzt vorstelle. Von Anfang an war »Frauen auf Bäumen« eine, oder gar die Lieblingskollektion!

Jochen Raiss 10

Und nun hat der Verlag Hatje Cantz einen Bildband mit den »Frauen auf Bäumen« herausgebracht – wie kam es dazu?
Ich war letzten Herbst für fotogloria auf der Buchmesse. Auf dem iPad hatte ich ein PDF der »Frauen auf Bäumen« dabei, weil ich einfach einmal herausfinden wollte, wie Kunstbuchverlage dem Thema Amateurfotografie, beziehungsweise historischer Amateurfotografie gegenüber stehen. Ich ging also an den Messestand von Hatje Cantz und sah eine Dame, die nicht im Gespräch war. Ich sprach sie an – wie sich später herausstellen sollte, war es Ulrike Ruh, Programmchefin bei Hatje Cantz. Auf die Frage hin, ob sie einen Moment Zeit hätte, antwortete sie sinngemäß »natürlich nicht«, denn ihre Termine waren alle vergeben. Worum es denn ginge, fragte sie mich. Ich erklärte ihr daraufhin, dass ich seit etwa 25 Jahren historische Amateuraufnahmen sammeln würde und hätte ein PDF mit dem Titel »Frauen auf Bäumen« dabei, das ich ihr gerne einmal zeigen möchte. Ihre Reaktion war, wie bei vielen noch dieser Tage, wenn ich von den »Frauen auf Bäumen« erzähle, ein Schmunzeln! Sie sagte mir dann, dass ihr Termin etwa eine halbe Stunde dauern würde und ob ich nicht danach nochmal kommen wolle, dann würde sie es sich gerne einmal anschauen.
Nun ja, und dann ging ich nach der verabredeten Zeit nochmal hin und wir unterhielten und sehr lange und angeregt über das Sammeln, Fotografie – und über die »Frauen auf Bäumen«!
Irgendwann sagte sie dann zu mir, »wissen sie was Herr Raiß, ich möchte gerne etwas mit den Bildern machen. Muss aber einschränkend sagen, dass ich sie zunächst meinem Team in Stuttgart vorführen will, um heraus zu finden, ob sie auch so spontan begeistert sind, wie ich gerade«. Waren sie.

Frau Ruh, Jochen Raiß ist ganz spontan auf der Frankfurter Buchmesse auf Sie zugekommen – was waren Ihre ersten Gedanken, als Sie die »Frauen auf Bäumen« gesehen haben?
Ulrike Ruh: Beim ersten schnellen Durchklicken der Fotos auf dem Tablet habe ich erstmal gelacht und mich gefragt, wie es die Frauen mit Seidenstrümpfen ohne sichtbare Laufmaschen und im Rock – nur wenige tragen Hosen – überhaupt auf die Bäume geschafft haben…
Doch war ich beeindruckt von der Qualität dieser Amateuraufnahmen bezüglich Komposition und Ausdruck. Jedes Foto hat eine andere Atmosphäre. Gesichtsausdruck, der ausgewählte Baum und die Art der Pose, scheinen auch etwas über die Persönlichkeit der Frauen zu verraten – manche stehen auf dem Ast wie Kapitäninnen auf ihrem Schiff, andere stehen mit wildem Blick auf einem zerzausten Ast…

Wie und warum haben Sie sich entschieden, das Buch zu verlegen?
Ulrike Ruh: Für mich war sehr schnell klar, dass ich mit den Fotos ein Buch machen wollte und hatte von Anfang an eine konkrete Vorstellung davon, wie es aussehen sollte. Letztlich konnten sich dann auch die Kollegen dem Witz und Charme des Materials nicht entziehen, und wir haben uns dazu entschlossen, dieses außergewöhnliche Bändchen zu publizieren.

 

Jochen, wie war die Zusammenarbeit an dem Bildband?
Die Zusammenarbeit war und ist bis heute sehr eng und sehr gut. Denn selbst jetzt, wo das Buch erschienen ist, habe ich noch Kontakt zur Presseabteilung und zum Vertrieb. Es kommen immer neue Anfragen, bisher vor allem aus dem Ausland.
Aber von vorne: Ende Februar kam der Anruf, dass Hatje Cantz ein Buch mit den Frauen auf Bäumen machen möchte. Ulrike Ruh rief mich an und sagte mir außerdem, dass der Verlag es gerne zur Art Basel fertig haben möchte. Also von da an noch ungefähr 14 Wochen. Nicht unmöglich, aber knackig. Zunächst mussten die Bilder nochmals von einem Profi gescannt und bearbeitet werden, ein Vorwort musste geschrieben werden. Der Profi zum Scannen war Jan Scheffler. Ich bin dann also nach Berlin gefahren, im Gepäck die historischen Fotos der Frauen auf Bäumen, weil ich mir nicht vorstellen konnte, sie in einem  Paket auf die Reise zu schicken. Alles richtig gemacht, denn Jan empfing mich und die Bilder sehr herzlich und erläuterte mir sehr genau die einzelnen Schritte, scannen, bearbeiten, welches Papier er für das Buch dem Verlag vorgeschlagen hatte, etc. Und die Scans wurden ausgezeichnet. Vorher sah man – etwas übertrieben ausgedrückt – einen Baum, auf dem eine Frau saß. Nun sah man sogar die feinste Maserung der Baumrinden – unglaublich was da noch an Zeichnung möglich war. Bei diesem Berlin-Aufenthalt lernte ich auch Frauke Berchtig kennen, die mein Buch als Projektmanagerin von Anfang an begleitete. Die tolle Gestaltung hat Gabriele Sabolewski umgesetzt. Mit ihr besprach ich dann auch Titelmotiv, Andrucke, Satzfahnen, Blaupausen, Korrekturen, etc. Dem ganzen Team von Hatje Cantz also nochmals: Herzlichen Dank!

Wie war es für Dich, als Du das erste Mal das Buch in den Händen gehalten hast?
Es war natürlich sehr aufregend. Es ist ja mein erstes Buch! Anlässlich des Fotofestivals »Horizonte« in Zingst an der Ostsee Ende Mai, wo auch einige meiner »Frauen auf Bäumen« in der Gruppenausstellung »One World« gezeigt wurden, sah ich das Buch etwa zwei Stunden vor der Ausstellungseröffnung zum ersten Mal. Es wurde direkt von der Druckerei dorthin geliefert. Im wahrsten Sinne des Wortes druckfrisch. Vielen Dank auch hier nochmal an das ganze Team von Hatje Cantz, die dazu beigetragen haben! Es war ein ganz wunderbarer Tag!

Jochen Raiss 7

Frau Ruh, die »Frauen auf Bäumen« sind offenbar ein international interessantes Phänomen.Haben Sie damit gerechnet?
Ulrike Ruh: Da kann man sich ja nie ganz sicher sein, aber ich hielt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich so entwickeln würde, für hoch. Dass es nun auch so eingetroffen ist, macht uns im Verlag sehr glücklich.

Mittlerweile berichten internationale Medien wie Vogue Italien, AnOther Magazine & Co. über das Buch, Du gibst Radio-Interviews und Anfragen vom Fernsehen hat es auch schon gegeben – wie fühlt sich das an?
Es passiert gerade soviel – nationale und internationale Presse berichtet darüber. Ich habe Libération aus Frankreich ein Interview gegeben, Vogue Italien, SZ-Magazin, Gala, Radio-Interview für den Bayerischen Rundfunk um nur einige zu nennen, dazu die Anfrage vom Fernsehen… alles richtig klasse! Aber ich freue mich am meisten darüber, dass die Frauen auf den Bäumen jetzt einem breiteren Publikum vorgestellt werden. Gerade wenn ich Bilder auf auf dem Flohmarkt finde, dann sind sie kurz davor verloren zu gehen, weggeworfen zu werden. Ich habe dies schon sehr oft erlebt, wenn der Flohmarkt zuende geht und die Händler aussortieren nach »noch gut fürs nächste Mal« oder »wegwerfen«. Ist das nicht tragisch? Da achten wir das ganze Leben darauf, unsere Fotos – die Erinnerungen und die damit verbundenen Geschichten – gut zu behandeln und dann kann es sein, dass sie im Müll landen… Für mich ist all das Sammeln also auch eine Verbindung zur Vergangenheit. Und gegen das Vergessen.

Welches ist denn Ihr persönliches Lieblingsbild, Frau Ruh?
Ulrike Ruh: Da gibt es viele, aber zu meinen Favoriten gehört ein Foto, auf dem eine Frau mit einem Arm übermütig am Ast baumelt. Es ist auf der Rückseite des Umschlages abgebildet.

Und Jochen, was wünscht Du Dir außerdem für Deine »Frauen auf Bäumen«?
Einen Wunsch habe ich tatsächlich. Dass sie alle zusammen einmal nebeneinander an der Wand hängen, eine Ausstellung also. Verdient haben sie es!

Jochen Raiss 8

P.S.: Selbstverständlich kann man die Bilder über fotogloria lizensieren oder direkt für die Wand als Print bestellen, bitte HIER entlang.

Das BESTE Bild von… Ezequiel Scagnetti

Zeit, Ruhe und der perfekte Augenblick – das sind die Ingredienzien, aus denen das BESTE Bild von Ezequiel Scagnetti entstanden ist.

Where and when did you take your best picture?
Stone Town, Zanzibar, 03. November 2010.

How did it come about?
After finishing an assignment for a client in Daressalaam.
I took a ferry to Stone Town where I spent four days taking pictures of the city, that have the particularity of being a historic hub where​ iImmigrant communities from Oman, Persia and India lived ​there. The town was the centre of trade on the East African coast between Asia and Africa before the colonisation of the mainland in the late 19th century. From 1840 to 1856​ it was the​ capital of the Omani Empire​; ​for many years Stone Town was a major centre for the slave trade; slaves were obtained from mainland Africa and traded with the Middle East.
​The picture was taken in front of the sea where the fishermen are, the 2 kids were walking close to the shore in order to pick up one of the boats, it was a hard backlight that I intentionally overexposed and turned in black & white in postproduction.

For whom did you take your best picture?
​Just for me.​

Why do you consider this picture in particular your best picture?
​Because it reflects a peaceful moment and reminds me my childhood, where everything was calmness, friendship ​and innocence.

Retrospectively, is there anything in the picture that you would change?
​No.

 

* Ezequiel Scagnetti ist – wenn er nicht gerade traumhafte Bilder in Sansibar fotografiert – Portraitfotograf durch und durch. Ob Prominenz oder Mitmensch, er geht offen und neugierig auf sein Gegenüber zu. Und ist innerhalb kürzester Zeit in der Lage, die Besonderheit des Portraitierten zu erfassen – persönlich und mit der Kamera. Ezequiel Scagnetti lebt in Brüssel, Belgien, und arbeitet überall.

fotogloria vertritt Ezequiel Scagnetti weltweit. Über fotogloria können Sie ihn gerne für Ihre Ideen und Aufträge buchen – melden Sie sich jederzeit unter 040 609 42 906 -0 oder info@fotogloria.de.

7 Fragen an… Isabela Pacini

Isabela Pacini fotografiert mit dem Herzen. Ganz gleich, ob bei ihren ungezählten Aufträgen im Corporate- oder Magazin-Bereich oder bei ihren freien Arbeiten: Sie liebt, genießt, leidet oder lacht mit Ihrem Gegenüber und lässt jede Umgebung mit allen Sinnen auf sich wirken. Und selbstverständlich meistert sie dabei auch alle anderen Facetten des Fotografendaseins mit Bravour.

Wir freuen uns, dass wir ab sofort exklusiv und weltweit mit Isabela zusammen arbeiten und haben Ihr zum Einstieg die »7 Fragen an…« gestellt. Herzlich Willkommen Isabela!

Warum bist Du Fotografin geworden?
Fotografieren und Reisen kamen zusammen in mein Leben. Ich fing an zu reisen – allein mit Rucksack durch Europa, und die Kamera wurde zu einem wunderbaren Reisebegleiter. Es ging mir damals schon um die Begegnungen mit Menschen. Dabei erwies sich die Kamera als ein toller Vermittler, um mit Menschen in Kontakt zu treten. Durch einen großen Zufall erhielt ich die Möglichkeit, meine Reisebilder in einem Café in Berlin auszustellen. Mehrere Bilder
wurden verkauft, und dann ist es mir zum ersten Mal bewusst geworden, dass ich mein Hobby zu meiner Arbeit, meine Berufung zum Beruf machen könnte. Kurz danach habe ich Dortmund angefangen, Fotodesign zu studieren…

© IsabelaPacini_17

Kannst Du Dich an Deinen ersten Job erinnern?
Ja, sogar ganz genau. Ich war noch nicht mal fertig mit dem Studium. Damals hatte der stern ein »Austausch-Magazin« namens Oskar´s für deutsche und nordamerikanische Schüler und Studenten. In jeder Ausgabe gab es eine Portraits-Strecke von Schülern, die sich zu einem ausgewählten Thema äußerten. Dafür durfte ich zusammen mit der Fotografin Valeska Achenbach quer durch Deutschland reisen.

Was war Dein schönstes Erlebnis als Fotografin?
Ich habe 2008 ein freies Projekt in Brasilien gemacht »Daspu-Prêtá-porter aus dem Puff«.
Ein Dutzend Prostituierte aus Rio de Janeiro hatte eine eigene Modemarke gegründet: Daspu. Damit stahlen sie den Supermodels die Show und kämpften für eine gerechtere Gesetzgebung – mit ihrem Erfolg verschafften sich die Frauen vom Altstadtstrich endlich Respekt.
Ich habe diese Frauen begleitet: Zuhause, im Bordell oder auf dem Strich und in ihrem neuen Leben als Model auf dem Laufsteg. Es waren sehr einzigartige Frauen voller Träume, die dabei waren, ihr Selbstbewusstsein zu entdecken.
Die Begegnung mit Nilza, eine 50 jährige Prostituierte, die an dem harten LKW-Strich an der Autobahn zwischen Rio und São Paulo arbeitete, war für mich wahrscheinlich das schönste Erlebnis als Fotografin. Ich habe sie tagelang begleitet und zuletzt lud sie mich zu sich nach Hause ein. Sie erzählte mir, dass ihr größter Traum wäre, einmal ein Brautkleid anzuziehen. Heiraten wolle sie nicht, aber einmal wie eine Braut aussehen… Diese naive, nicht verlorene Romantik einer älteren Prostituierte hat mich sehr gerührt. Als ich auf dem Weg zu ihr in einem weit entfernten Vorort von Rio war, habe ich ganz zufällig ein handschriftliches Schildchen an einem ganz einfachen Häuschen gesehen, auf dem stand: „Wir vermieten Brautkleider, Kommunionkleider…“. Ohne zu überlegen bin ich hineingegangen und habe ein Brautkleid ausgeliehen. Wie Nilza sich darüber gefreut hat, ist kaum in Worte zu fassen. Am Schluss standen wir alle da: Nilza in Brautkleid, ihre Tochter, ihre Enkelin, ihre Nachbarin und ich und haben alle geheult.

© IsabelaPacini_13

Wie  arbeitest Du am Liebsten?
Unterwegs. Immer wieder aufs Neue: neue Orte, neue Menschen, neue Herausforderungen…

Was verbindest Du mit fotogloria | büro für fotografische zusammenarbeit?
Teamwork! Einfach die Möglichkeit, Ideen, Ziele, Herausforderungen zusammen zu erleben und zu meistern.

Wie hast Du Deinen eigenen fotografischen Schwerpunkt / Standpunkt entwickelt?
Es war ein sehr natürlicher Prozess, der sich im Grunde wie von alleine entwickelt hat. Ich habe Menschen gesucht und fotografiert. Das Studium, die verschiedenen Aufträge und nicht zuletzt die daraus gewonnene Erfahrung haben meinen Schwerpunkt immer tiefer gefestigt.

Brasilien Tour

Für welchen Kunden würdest Du gerne einmal arbeiten?
Da fallen mir ein paar ein: für das grüne Geo, das Greenpeace Magazin, National Geographic… Und auch sehr gerne für Hilfsorganisationen. Ich lasse mich aber gerne überraschen!

* fotogloria vertritt Isabela Pacini exklusiv und weltweit – Sie können sie gerne für Ihre Ideen und Aufträge buchen. Melden Sie sich jederzeit unter 040 609 42 906 oder info@fotogloria.de.