Für die Autofotografie von Tobias Habermann bedeutete der Anfang der Pandemie erstmal den beruflichen Stopp. Im Gespräch mit Producern, Agenturen und Kunden allerdings entwickelte sich bald eine neue, eine konzeptionellere Arbeitsweise. Mehr darüber und auch darüber, was sein größter fotografischer Wunsch ist, erzählt er bei den #FacesofPhotography:
Tobias, wie geht es Dir?
Ich kann vollen Herzens behaupten, dass es mir gut geht!
Da bin ich recht pragmatisch. Wenn es mir und besonders den Menschen in meinem Umfeld gut geht, sie gesund sind, dann passt es schon. Alles andere findet sich.
Wie ist es Dir jobmäßig in den letzten Monaten ergangen?
Ich denke es erging mir ähnlich wie den meisten meiner Kollegen.
Ab März ging erst einmal der Vorhang auf unbestimmte Zeit runter. Mein Portrait beschreibt im Grunde den Startpunkt des Ganzen. Es wurde Ende Januar 150 Kilometer nördlich des Polarkreises aufgenommen. Wir waren, nach einem arbeitsreichen Jahr 2019, auf einer 2-wöchigen Produktion für Porsche in Finnland unterwegs. Zu diesem Zeitpunkt war von Pandemie noch keine Rede. Der Mundschutz diente bei minus 30 Grad einzig und allein dem Erhalt der Sprechfähigkeit. Bei der Zwischenlandung in Helsinki fielen uns jedoch viele asiatische Passagiere auf, die in langen Schlangen an den diversen Flughafenapotheken anstanden. Seltsam, dachte man sich… Die Erklärung dafür kam erst ein paar Wochen später.
Bis Ende Februar/Mitte März war ich noch gut mit Postproduktion und der Planung für kommende Jobs beschäftigt, bis klar wurde, dass es wohl nicht ganz so reibungslos weitergehen würde. Viele Jobs wurden auf unbestimmte Zeit verschoben – einige sogar abgesagt.
Anfangs gab es natürlich den Gedanken sich durch die »geschenkte Freizeit« endlich einmal um geplante freie Projekte, neue Fertigkeiten, oder um die Sichtung lange beiseite gelegter Arbeiten kümmern zu können.
Eine Woche später – die Kita wurde geschlossen – war schnell klar, dass meine Prioritäten in erster Linie der Familie, speziell meiner kleinen Tochter, gelten sollten.
So seltsam es vielleicht auch klingen mag, aber den ersten Lockdown habe ich tatsächlich sehr genossen. Während meine Frau im Homeoffice saß, waren meine Tochter und ich unterwegs in allen öffentlichen Grünflächen der Stadt, haben gebastelt, viel gelesen und eine tolle Zeit miteinander gehabt.
Ab Mitte des Jahres ging es dann wieder verhalten los und es gab auch wieder etwas Luft für freie Arbeiten, oder die Fortführung von Langzeit-Projekten, wie meiner Serie »Clouds«.
Momentan befinden wir uns nun im zweiten Lockdown und beinahe ein Jahr in der Pandemie. Der Lockdown fühlt sich, obwohl ja schon trainiert, seltsamer Weise doch anstrengender an als der erste. Alleine die Schließung der Kita ist für uns momentan ein Balance-Akt. Oft passiert es, dass ich erst gegen 16-17h ins Büro komme und dann natürlich einen ganz normalen Arbeitstag vorfinde.
Da es den meisten so geht, kann man sich natürlich damit arrangieren. Die Joblage allerdings wird gerade merklich besser. Da Projekte bei mir aber selten regional stattfinden, kann man sich dann überlegen ob man die Notbetreuung in Anspruch nimmt, oder der Partner Urlaub einreichen muss.
Den Luxus Anfragen abzusagen, können sich die meisten, spätestens nach dem ersten Lockdown, nur selten noch leisten.
Die Stimme im Kopf jedenfalls, unbedingt wieder richtig arbeiten zu können, wird allerdings lauter.
Du bist fotografisch vor allem im Autobereich unterwegs: Wie reagieren Deine Kunden auf die Pandemie im Hinblick auf Marketing, Werbung, Fotografie?
Im Grunde reagierten meine Kunden wie beinahe alle Großkonzerne reagiert haben. Etats wurden bis auf Weiteres eingefroren und Produktionen gestoppt. Nachvollziehbar. Jeder musste sich erst einmal sammeln, Optionen sondieren und die eventuellen Risiken abzuwägen lernen. Es fanden viele Gespräche mit Producern, Agenturen und Kunden statt, wie man unter diesen Bedingungen überhaupt noch Jobs durchführen könnte.
Da es sich im Autobereich meist um reiseintensive Produktionen handelt, diese aber nicht wirklich möglich waren, wurden Konzepte kurzerhand geändert um sie in Studioumgebung, im eigenen Land, oder auch per CG zu realisieren. Das habe ich persönlich durchaus begrüßt, da ich mich so vor allem konzeptionell stark einbringen konnte.
Du bist auch CGI-Director – wie sind Deine Pandemie-Erfahrungen in diesem Bereich?
Diesen Bindestrich wollte ich eigentlich schon lange abändern. Es müsste mittlerweile eher CGI und Director heissen – da der Bereich Bewegtbild immer mehr Raum gewinnt und CGI im Grunde als gegebenes Beiwerk verstanden wird.
Eine wirklich Trennung von einem Shoot on Location und der Integration eines gerenderten Bildteils gibt es in der aktuellen Autofotografie eigentlich nicht mehr.
Zu Anfang der Pandemie kam mir tatsächlich der Gedanke, dass CGI nun wohl wesentlich mehr zum Zuge kommen würde als zuvor – bei mir zumindest kann ich das im Nachhinein nicht unterschreiben. Denn da für die meisten CG-Produktionen immer noch Locations, Models und ein gewisses Team benötigt wird, unterlagen auch diese Jobs den üblichen Schwierigkeiten. Bemerkbar waren allerdings die wesentlich höheren Lizenzerträge durch Bildagenturen, die sich auf Hintergründe und HDR-Spähren spezialisiert haben.
Wie ist Deine persönliche Prognose für die Fotografie generell sowohl inhaltlich als auch wirtschaftlich?
Es wird sich wohl nicht viel ändern.
Ich hoffe jedoch, dass wir einige der Erkenntnisse »herüber retten«, die sich durchaus als Chancen aufgetan haben. Inhaltlich zum Einen, dass man im Automobilbereich – nicht allein aus der Not heraus, weil es das Budget nicht hergibt – wieder lernt, den Fotografen mehr in den kreativen Prozess einzubinden und den Mut zu haben Produktionen auch mit verhältnismäßig »kleinem Besteck«, aber gutem Konzept, zu realisieren.
Wirtschaftlich kann das für Fotografen, auf den Tag gerechnet, natürlich durchaus bedeuten, dass man einfach mehr arbeiten »muss« als bei großen Kampagnen.
Die dafür gewonnene Freiheit in der Umsetzung, die Reduktion auf das Wesentliche, die kurzen Entscheidungswege und das lebendigere Ergebnis zahlen sich, für mich zumindest, aus. Dafür liebe ich diesen Beruf und kann mir ehrlich nicht viel Schöneres vorstellen.
Hast Du einen ganz persönlichen fotografischen Wunsch?
Mein größer Wunsch ist, das Fotografie – wie alle anderen Künste auch – möglichst schnell wieder in die Öffentlichkeit treten kann. Ich wünsche mir Ausstellungen, Diskussionen, Treffen und all das was eine lebendige Kulturlandschaft ausmacht. Wieder zu reisen wäre natürlich auch ganz schön… Ich freue mich darauf.
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