Uta Gleiser nutzt(e) die Zeit – in der sie leider deutlich weniger Aufträge hat(te) – um an ganz verschiedenen freien Projekten zu arbeiten. Darunter ein Magazin, eine eigenes Archiv und noch so einiges mehr – mehr dazu bei den #FacesOfPhotography:
Uta, was tut sich in Zeiten der Krise in der Food-Fotografie?
Die momentane Zeit ist für alle nicht ganz so einfach. Freischaffende haben noch weniger vermeintliche Sicherheit als vorher, aber so langsam fangen Produktionen im Bereich Food wieder an. Einige Magazine mussten zwangsläufig erst einmal runterfahren und produzierten im eigenen Unternehmen. Firmen versuchen derzeit mit ihren Budgets zu haushalten, die sie normalerweise für neue Aufnahmen investiert hätten. Da fallen leider Aufträge erst einmal weg oder werden auf das nächste Jahr verschoben. Da das Leben aber nicht aufhört, bin ich voller Zuversicht, dass es stetig wieder bergauf gehen wird. Zusätzlich habe ich das große Glück in einem großen Mietstudio Untermieterin zu sein. Dort gibt es viel Platz und Licht für Aufträge mit Abstand und viel Raum für Kreativität.
Food ist nach wie vor sehr gefragt, Essen ist Genuss, daher wird dies wohl auch immer ein Markt sein.
Wie sieht Dein Alltag derzeit aus, an welchen Projekten arbeitest Du?
Mein Alltag ist gerade eine bunte Mischung, die ich ehrlicherweise gar nicht so schlecht finde. Es gibt ein paar Aufträge für Magazine, die sehr viel Laune machen. Außerdem arbeite ich für einen kleinen Verlag in Hamburg, für den ich häufiger im Umland unterwegs bin. Das ist eine sehr schöne Abwechslung und zeigt mir immer wieder, was es alles Tolles vor der eigenen Haustür gibt.
Eigene Projekte gibt es auch ein paar, schließlich ist jetzt die Zeit um sich mit seiner Kreativität etwas auszutoben und einfach mal zu machen, was man möchte. Wenn nicht jetzt, wann dann? Mit einem befreundeten Paar, einem Foodstylisten und einer Stylistin, arbeite ich freien Arbeiten. Zuletzt haben wir eine Serie über Sauerteig-Brot fertig gestellt. Wie toll wenn man als Team gut zusammen passt und alle sich nach Lust und Laune einbringen können.
Mit einer befreundeten Fotografin aus Koblenz arbeite ich seit ein paar Monaten an einer Seite, auf der wir freie Aufnahmen und Projekte von uns anbieten werden. Eine Art Bilddatenbank, bei der es Einzelfotos und ganze Serien aus dem Bereich Food, Interior und Travel geben wird. Alles sehr zeitaufwändig, aber wir haben beide genügend freie Strecken aus den Bereichen Food, Travel und Interior, die derzeit ungenutzt auf unseren Festplatten liegen.
Zuguterletzt habe ich seit einiger Zeit den Wunsch, ein eigenes Independent-Magazin im Bereich Kulinarik um zusetzten. Es soll um Culinary-Stories im weitesten Sinne gehen und auf englisch erscheinen. Dazu gehören Produzenten und Restaurants genau so wie Keramikerinnen und jemand, der Tischwäsche aus Leinen herstellt. Eben alles, was bei einem schmackhaften Abend auf dem Tisch steht.
Dies ist allerdings ein Projekt, das ich nicht alleine umsetzen kann und möchte. Über die letzten Jahre habe ich so viele tolle Kolleginnen und Kollegen via Instagram kennen gelernt und würde mich für ein solches Magazin freuen, wenn dort einige von ihnen ihre Arbeiten präsentieren – uasi ein Netzwerk an »Gleichgesinnten«, die ihre Geschichten zeigen.
Um erst einmal einen Anfang zu schaffen, arbeite ich gerade an der Webpräsenz von »One Slice of Onion«, die in Form eines Online-Magazines erscheinen wird. Dies soll dann der Vorreiter für eine Print-Version werden.
Wird sich in dem Bereich etwas – stilistisch, wirtschaftlich, inhaltlich – mit der Krise ändern oder hat sich schon geändert?
Ob sich wirtschaftlich etwas ändern wird? Ich denke, dass dies nicht die richtige Frage ist, es wird eher darum gehen, in welchem Umfang sich etwas ändern wird. Da es die Gastronomie während dieser Krise sehr hart getroffen hat und auch weiter trifft – und damit sicher auch Unternehmen, die diese beliefern – wird wirtschaftlich noch einiges wegbrechen.
Stilistisch ändert sich ja immer wieder etwas in der Fotografie, ebenso im Bereich Food. Gerade sind eher knallige Fotos mit harten Licht und bunten Farben gefragt. Es gibt vieles was ich in der Fotografie spannend und toll finde. Wenn manches allerdings zum Trend wird und man die sehr ähnlichen Aufnahmen überall entdeckt, bin ich eher gelangweilt. Da ich ausschließlich mit Tageslicht arbeite und meinen eigenen Blickwinkel habe, bleibe ich gerne bei meinem eigenen Stil, der sich durch persönliche Entwicklung immer weiter verändert. Wer weiß… vielleicht werden meine Aufnahmen irgendwann auch bunt und schrill?
Inhaltlich wird sich bestimmt einiges ändern, auch wenn ich glaube dass es noch ein wenig dauern wird, bis es sichtbar wird. Während der letzten Monate haben viele Menschen mehr Zeit gehabt, sich um andere Dinge zu kümmern und ihre dazu gewonnene »Freizeit« sinnvoll genutzt. Es wurde mehr gebacken, gekocht und sogar selber angebaut. Das Bewusstsein für Lebensmittel und für das, was wir auf dem Teller haben, hat sich dadurch sicherlich ein wenig geändert. Dies wird dann hoffentlich auch inhaltlich zeigen.
Was ist Deine fotografische Hoffnung / Dein fotografischer Wunsch für die Zukunft?
Meine fotografische Hoffnung ist, dass es im Bereich der Food-Fotografie noch mehr Geschichten gibt, die etwas tiefer gehen. In den einschlägigen Magazinen geht es meist um die Köche und Rezeptfotos. Was leider oftmals hinten runter fällt, sind die Produzenten und die Produkte. Um eine Geschichte rund zu machen, würde ich mich freuen wenn diese mit ins Boot geholt werden. Für mich persönlich bekommen Themen wie Saisonalität und Regionalität eine immer größere Gewichtung. Viele Menschen haben scheinbar den Bezug zu dem, was sie essen, verloren und wissen nicht wo es herkommt, wie es wächst, geschweige denn, wie lange es benötigt, um reif oder fertig zu sein. Ich liebe das Prinzip »Farm to Table«. Nicht nur, dass ich diese Themen fotografisch als sehr dankbar finde, sondern auch weil ich sie spannend finde und jedes mal etwas dazu lerne.
Mehr Food-Reportagen zu fotografieren, wäre mein ganz eigener fotografischer Wunsch. Dies verbindet nicht nur meine Leidenschaft fürs reisen, sondern auch die Food-Fotografie mit Landschaftsaufnahmen, Menschen, Architektur und Interior. Eine Mischung, für die ich brenne und von der ich nicht genug bekommen kann. Ich liebe Reportagen, da man nie genau weiß, wie es vor Ort aussehen wird und wie man mit den Menschen vor der Kamera zurecht kommt. Man muss mit dem arbeiten, was vor Ort ist und macht das Ganze für mich spannend. Im Vergleich zu Werbekunden und Unternehmen sind diese Jobs recht schlecht bezahlt, allerdings nehme ich soviel von diesen Begegnungen und Erlebnissen mit, dass ich es mir gerne leiste!
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