Warum bist Du Fotografin geworden?
Ich war schon immer interessiert an anderen Menschen, deren Lebensweg und
– umfeld. Die Kamera wurde für mich zu einer Art »Kontaktmittel«. Mit den Bildern konnte ich von diesen Begegnungen erzählen, sie festhalten und sammeln. Für meine Bewerbung an der Fachhochschule Hannover, berühmt für ihren Studiengang Fotografie mit Schwerpunkt Fotojournalismus, habe ich zum Beispiel damals eine Reportage über einen alten Herren-Friseur am Hamburger Hafen fotografiert. Er war Elvis-Fan, legte zum Haare schneiden Platten auf, frisierte noch echte 50ger-Jahre-Tollen und fuhr in seiner Freizeit ein Mofa der Marke Quickly, Baujahr 1960. Sein Friseursalon sah aus, als sei die Zeit stehen geblieben und er war eine echte Instanz im Viertel. Wem die Zeit zum nächsten Haarschnitt zu lange war, kam zwischendurch einfach vorbei um Neuigkeiten auszutauschen oder Alltagsprobleme zu besprechen. Durch die Kamera erhielt ich Zutritt zu diesem Mikrokosmos, in dem ich sonst ein absoluter Fremdkörper gewesen wäre. Den Friseursalon gibt es heute nicht mehr und wenn ich zurück denke, freue ich mich, dass ich das von Nahem erleben durfte.
Kannst Du Dich an Deinen ersten Auftrag erinnern?
Ja… ich hatte gerade mein Praktikum als Redaktionsfotografin bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung begonnen und sollte eine Kindergärtnerin portraitieren. Klingt unspektakulär, war aber aufregend genug. Schließlich war es das erste Mal für mich, dass ich in einem genau vorgegebenen Rahmen fotografieren musste. Ohne die Möglichkeit zur Nachbesserung oder Wiederholung. Und das Ergebnis musste gut genug sein, um in einer der größten deutschen Tageszeitungen gedruckt werden zu können. Ich war wahnsinnig aufgeregt.
Was war Dein schönstes Erlebnis als Fotografin?
Es gab schon viele schöne Erlebnisse in meinem bisherigen Fotografinnen-Leben. Eines der schönsten, an das ich bei dieser Frage als erstes denke, war die Erfahrung mit einer afrikanischen Familie in deren Lehmhütte mitten in der Natur zu übernachten. Ich habe in Zusammenarbeit mit GEOlino ein Unicef-Projekt in Kenya fotografiert, bei dem es um Hygiene im Alltag zur Vermeidung von Krankheiten ging. Was die Kinder in der Schule zu diesem Thema gelernt hatten, sollten sie zu Hause umsetzen und in ihre Familien weitertragen. Um das fotografisch zu dokumentieren, durfte ich 3 Tage bei einer Familie in einem einfachen Lehmhütten-Dorf ohne Elektrizität und sonstige Vorzüge der westlichen Zivilisation verbringen. Abends saß ich mit der ganzen Familie an der Feuerstelle, in der Ferne hörte ich Trommeln, der Himmel war voller Sterne, in den Bäumen raschelte es, weil sich Tiere darin bewegten. Wir konnten uns nicht mit Sprache verständigen und trotzdem fühlte ich mich beschützt, geborgen und aufgenommen in dieser anderen Welt. Der Geruch eines Lagerfeuers erinnert mich auch heute noch an dieses einzigartige Erlebnis.
Wie arbeitest Du am Liebsten?
Am liebsten beobachte ich und tauche dabei mit etwas Zeit in die Situation ein. So entstehen für mich die stimmungsvollsten Bilder. Das ist bei einer Reisereportage so, wenn ich mich treiben lassen und das Licht beobachten kann oder bei einem Portrait, wenn es mir gelingt, einen gewissen Draht zu derjenigen Person herzustellen.
Was verbindest Du mit fotogloria?
Aufbruch und Mut. Ich war gerade mit meinem Studium fertig und wuchs langsam in die berufliche Selbständigkeit hinein. In einer Zeit, in der große Bildagenturen zu straucheln begannen, weil die Bildpreise in den Keller sanken und das Wort »Zeitungssterben« entstand. Durch meinen Existenzgründer-Coach bekam ich Kontakt zu fotogloria. Ein Trio, das den Mut besaß, in diesen Zeiten eine neue Fotografen-Agentur zu gründen und mir seine Partnerschaft anbot.
Wie hast Du Deinen eigenen fotografischen Schwerpunkt entwickelt?
Mein fotografischer Schwerpunkt hat sich gewissermaßen selbst entwickelt. Als ich mich fürs Studium bewarb, wusste ich nur, dass ich in den Bereich der erzählerischen Fotografie möchte. Künstlerische Fotografie oder Werbefotografie sprach mich deutlich weniger an als die journalistische Fotografie. Als ich mich mit meiner ersten Mappe nach dem Studium auf Bewerbungstour durch die Redaktionen begab, erhielt ich Aufträge für Reisereportagen und Portraits. Das hat sich dann verfestigt und war auch gut auf Unternehmen übertragbar. Einer meiner Unternehmenskunden zum Beispiel ist ein italienischer Feinkosthändler. Für seinen Warenkatalog fotografiere ich regelmäßig kleine Reportagen über seine zuliefernden Betriebe in Italien.
Für welchen Kunden würdest Du gerne einmal arbeiten?
Über diese Frage musste ich tatsächlich am längsten nachdenken. Vielleicht für einen Reiseveranstalter, der mich zusammen mit meiner kleinen Familie und meiner Kamera um die Welt schickt. Oder für eine exklusive Hotelkette. Während unserer Elternzeit sind wir für 3 Monate durch Südostasien gereist. Aus den Bildern ist eine große Reisereportage entstanden, die in Brigitte MOM gezeigt wurde. Es ist traumhaft, wenn Beruf und Familie so vereinbar sind.
Und wenn es mal was völlig anderes sein soll… Ich habe einen Faible für Brillen. Obwohl ich selbst noch gar keine trage. Für einen Brillenhersteller oder Augenoptiker Portraits von Brillenträgern und eine Reportage über die Produktion zu fotografieren, würde mir Spaß machen.
* Anna Mutter liebt es, Menschen zu treffen, mit ihnen zu reden, sie kennen zu lernen. Und dabei schafft sie es immer – selbst wenn die Begegnung nur flüchtig ist – genau das Vertrauen aufzubauen, das es für ein gutes Portrait braucht. Zu ihrer Herangehensweise sagt sie: »Meine Kamera ist für mich eine Brücke. Ob im Bereich Corporate, Portrait, Wirtschaft oder Reise – fotografierend kann ich mich den Menschen und ihren Tätigkeiten nähern, sie verstehen und darüber eine Geschichte erzählen.« Anna Mutter lebt in Hamburg und arbeitet international.
fotogloria vertritt die Portraitfotografin Anna Mutter exklusiv und weltweit. Über fotogloria können Sie sie gerne für Ihre Ideen und Aufträge buchen – melden Sie sich jederzeit unter 040 609 42 906 -0 oder info@fotogloria.de.