wemake das sind die beiden Brüder Cornelius und Matthias Bierer. Aus Fotografie und Musik kommend machen sie heute zusammen Filme. Während des Lockdowns entstand das Stück »Tanzverbot«, in dem Sie die Endzeitatmosphäre dieser Zeiten verarbeiten. Was sie außerdem erlebt haben, dazu haben sie mit den #FacesOfPhotography gesprochen:
Matthias und Cornelius, was ist Euer Schwerpunkt?
Wir sind zwei Filmemacher: wir entwickeln Film-Konzepte, planen die Produktion, drehen, schneiden, machen die Postproduction, produzieren Sound und Musik, wir machen im Prinzip alles. Kampagnen, einzelne Filme, Werbespots, Dokumentarisches, Imagefilme, Kunst… Schön ist immer ein spannendes Thema, das wichtigste ist aber das Potential, etwas spannendes und interessantes daraus machen zu können. Deshalb suchen wir die Herausforderung durch unterschiedliche Herangehensweisen und nehmen uns die Zeit, auch Sachen auszuprobieren.
Wir sind immer daran interessiert die Inhalte und das Ziel des Film auf eine spannende und vor allem passende Art an den Zuschauer zu bringen. Da dies oft auf ganz unterschiedlichem Weg passieren muss, wird uns nicht langweilig.
Film, Fotografie, Musik – wie seid Ihr dahin gekommen, wo Ihr jetzt seid?
Unsere Schwerpunkte überschneiden sich im Bereich Film. Der eine gibt sich zusätzlich der Fotografie hin, der andere der Musik. Das können wir regelmäßig in die Filmprojekte integrieren. Zufällig angefangen haben wir vor einigen Jahren während des Studiums. Eine Sequenz aus Zeitrafferaufnahmen (ein Nebenprodukt der Fotografie) musste mit Musik unterlegt werden, die man bedenkenlos nutzen konnte. Das war unser erstes gemeinsames Projekt, mit dem wir auch direkt etwas Geld verdienen konnten. Der eine hat die Filmaufnahmen gemacht, der andere die Musik produziert. Geschnitten haben wir gemeinsam. Dass wir dort hingekommen sind, wo wir uns jetzt befinden, ist vor allem dem Umstand zu verdanken, dass wir schon immer alles dafür getan haben, Projekte so umzusetzen, wie wir diese als passend und sinnvoll für das Thema erachtet haben. Zu Anfang sicher nicht der einfachste Weg, da so oft auch Projekte nicht zustande kamen – langfristig aber genau der richtige, da wir nun für genau diese Arbeitsweise angefragt werden.
Was habt Ihr beruflich in den vergangenen Wochen und Monaten erlebt?
Nicht viel. Drehs wurden kurzfristig abgesagt, Projekte auf unbestimmt (oder nächstes Jahr) verschoben, einiges konnten wir geballt nachholen, manches wurde auch komplett gecancelt.
Natürlich ist hier immer etwas Ungewissheit mit im Spiel, laufende Kosten muss man auch ohne Einkommen decken, da wir diese Ungewissheit allerdings noch aus der Anfangszeit unserer Selbständigkeit kennen, waren wir zu Anfang wenigstens noch relativ entspannt. Diese Entspannung ist dann allerdings recht schnell verschwunden, allerdings nicht wegen Existenzsorgen, sondern aufgrund von Langeweile und dem Fehlen einer sinnvollen Aufgabe.
Ihr habt die „Zwangspause“ für ein freies Projekt genutzt – wie ist die Idee dazu entstanden, wie habt Ihr ihn umgesetzt und warum Tanz, wo Ihr doch eigentlich in ganz anderen Feldern unterwegs seid?
Wie viele andere Kreative wollten wir diesen neuartigen Zustand in dem sich mehr oder weniger die ganze Welt befindet, kreativ verarbeiten. Die Endzeitatmosphäre ausgestorbener Großstädte hat uns dabei sehr fasziniert, ein Drohnenvideo ohne Aussage – wie man diese zu Anfang des Lockdowns zuhauf sehen konnte – wollten wir allerdings nicht machen. Irgendwas musste auf diesen leeren Straßen passieren, am besten mit Bezug auf die Kreativbranche, die vom Lockdown erstmal sehr hart getroffen war. No-Budget-Projekte eignen sich noch mehr als bezahlte Projekte, neue Sachen auszuprobieren, Tanz schien uns ein passender Weg, dieses Thema aus einer anderen Perspektive zu beleuchten. Parallel zur Konzeption lief die Suche eines Tänzers, den wir über Instagram erreicht haben, und der sofort von der Idee begeistert war. Am nächsten Tag haben wir uns getroffen, tagsüber die Locations angeschaut und abends/nachts und früh morgens gedreht. Da wir aufgrund des Titels unseres Films eine sehr genaue Deadline hatten (Montag vor Ostern hatten wir die Idee, Karfreitag musste der Film fertig sein), haben wir direkt im Anschluss geschnitten und die Musik fertig gemacht. Das war alles sehr spontan und hätte irgendwo schief gehen können, dann hätte das Ergebnis nie jemand gesehen. Das Gegenteil ist allerdings passiert, wir hatten sehr gutes Timing und auch etwas Glück (z.B. mit dem Polizeiauto und dem Graffiti an der U-Bahnwand, das eine Woche später entfernt wurde).
Wie schätzt Ihr die zukünftige Lage insgesamt für die Branche ein?
Da die einzelnen Tätigkeiten innerhalb der Branche sehr unterschiedlich sind, lässt sich dazu von unserer Seite kaum eine Aussage treffen. Viele hat es sicherlich hart getroffen, einige berufliche Existenzen sind aktuell mit Sicherheit gefährdet. Wir würden schon sagen, dass sich auch noch einiges verändern wird, aber Veränderung ist grundsätzlich nicht immer schlecht. Wir sind davon überzeugt, dass auch in Zukunft Geschichten in Form von Film erzählt werden müssen. Dafür ist eigentlich jetzt ein sehr guter Zeitpunkt.
Was ist Euer persönlicher beruflicher Wunsch für die Zeit die da kommen mag?
Wir können diesem Break durchaus etwas Positives abgewinnen. Die Zwangspause hat mit Sicherheit auch dafür gesorgt, dass Dinge hinterfragt und in Zukunft anders angegangen werden.
Anfragen die mit den Worten “wir benötigen einen Film” losgehen, aber nicht drinsteht, warum und mit welchem Ziel, haben wir in letzter Zeit kaum erhalten. Die Firmen, die hauptsächlich einen Film machen lassen wollen, weil das quasi dazugehört und der Konkurrent ja auch einen hat, sind vermeintlich die, die diesen Punkt aufgrund von Einsparungen grade als erstes von der Liste gestrichen haben. Wir würden uns wünschen, dass Kunden noch ein kleines bisschen mutiger werden, was die passende Umsetzung betrifft. Dann macht es allen noch mehr Spaß, dem Kunden, uns und am Ende auch dem Zuschauer.
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