#FacesOfPhotography – Teil 35: Darius Ramazani aus Berlin

Für die #FacesOfPhotography hat Darius Ramazani aufgeschrieben, wie er denkt, fühlt und hofft. Inklusive eines Plädoyers für mehr Ehrlichkeit in der Werbung:

Darius, wie geht es Dir?
Ich hab‘ das Glück, dass ich ein Büro habe und ich somit nicht den ganzen Tag zu Hause bin –
das erleichtert vieles und macht auch das Familienleben mit Frau und Kindern um einiges angenehmer!
Die Kinder brauchen uns zum Glück nicht mehr beim Lernen, das findet fast alles ohne uns statt! Darin zeigen die beiden sehr viel Disziplin, dafür klappt es mit dem Aufräumen gar nicht… Soll heißen: Die Situation ist im Augenblick noch sehr entspannt und es geht mir gut.
Trotzdem plagt auch uns die Sorge um die Zukunft! Wir (meine Frau und ich) sind blöderweise beide selbständig. Hierbei haben wir zur Zeit leider den „schwarzen Peter“ gezogen. Aber so ist es nun mal.

Sind auch Deine Aufträge alle abgesagt worden?
Glücklicherweise hatte ich Mitte März noch mit den Retuschen einer Kampagne zu tun und war bereits in der Vorbereitung eines Jobs für Anfang April.
Für diesen Job haben wir alle Castings für die verschiedenen Motive doppelt besetzt, dass wir Im Notfall (bei möglichen Erkrankungen) auf andere Models hätten ausweichen können. Wir haben alles durchorganisiert, auch vor dem Hintergrund, dass das ganze Shooting im Notfall auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Aber zum Glück haben Kunde, Agentur und ich am gleichen Strang gezogen, und das Shooting realisiert!
Trotzdem ist es so, das sehr viele Jobs abgesagt wurden und viele auch gar nicht mehr realisiert werden. Problem wird jetzt sein, dass die Neuaufträge erstmal ausbleiben werden! Alle Agenturen und Kunden sind mit sich selbst beschäftigt, denn es geht dort um viele Arbeitsplätze. Auch müssen die Agenturen die Lage gemeinsam mit den Kunden neu einschätzen. Wir als Fotografen kommen dann erst zum Schuss ins Spiel. Leider!

Was fehlt Dir am meisten aus Deinem Berufsalltag?
Mir fehlen die persönlichen Treffen (geschäftlich und privat)! Schnell mal hier was essen gehen, oder dort mal kurz Hallo sagen! Meine besten Freunde sind der Postbote und der Blumenhändler gegenüber! Mein Highlight: Ein Coffee To Go bei den Damen um die Ecke!

Was bedeutet Dir die Fotografie?
Alles!!! Ich bin jetzt 50 Jahre alt und seit 30 Jahren selbständig! Und nun Corona.
Das wird, glaube ich, mein neuer T-Shirt Slogan…
Aber ich hoffe das es für alle gut endet! Ich bin da mal sehr positiv, auch wenn ich zwischendurch auch FASSUNGSLOS bin!

Wie schätzt Du insgesamt die fotografische Situation in diesen Zeiten und nach der Krise ein?
Das hängt sehr von der Dauer der ganzen Corona-Situation ab, denn: Wir sind leider erst am Anfang der Krise! Die Auswirkungen bekommen wir Fotografen und Künstler erst so richtig in ein paar Monaten zu spüren, dann würden die Antworten auf diese Fragen sicherlich auch anders ausfallen!

Was ist Dein persönlicher fotografischer Wunsch für die neue Normalität?
Ich würde mir wünschen, dass auch die Werbung anfängt, ehrlicher und nachhaltiger zu denken – auch in Ihren Konzepten! Wenn ich zum zehnten Mal die zusammengecastet lachende Familie am Frühstückstisch als Bild irgendwo sehe, bekomme ich Schuppenflechte. Das hat nichts mit der Realität zu tun!
Was ich damit sagen will: Der Konsument will nicht mehr verarscht werden. Nach Corona noch weniger! Er will ernst genommen werden! Das ehrliche aufrichtige Foto bewirkt beim einzelnen Konsumenten in Zukunft viel mehr, weil auch die Sehnsucht zur Normalität gerade immer größer wird, und man sich auf alte Werte besinnt!
Die neue ehrliche Fotografie in der Werbung, das wäre mein Wunsch!

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