Über seine Archivarbeit hat Ilja C. Hendel einen guten Weg gefunden, mit seinen Kunden trotz Krise in Kontakt zu bleiben. Auch erste Jobs konnte er wieder erledigen, auch wenn sich die Fotografenwelt mit den Abstandsbestimmungen deutlich geändert hat. Den #FacesOfPhotography gewährt er einen ausführlichen Blick in seinen derzeitigen Alltag:
»Wie für die meisten, kam der Lockdown auch in Norwegen wie eine Vollbremsung – gerade noch für eine Reisereportage in den norwegischen Bergen unterwegs, sah ich bei meiner Rückkehr nach Oslo in den Nachrichten, dass zu dem Zeitpunkt genau diese Gegend der Hotspot der Coronainfektionen ist. Wir wunderten uns noch über die leeren Geschäfte und wussten noch nicht, dass ein Drittel der Bevölkerung in Quarantäne war. Zwei Tage später war dann das ganze Land im Lockdown-Modus.

Schlendern durchs mehr oder weniger leere Oslo um meine Bildagenturen wieder etwas Abstandsbildern zu füttern. Außerdem sammle ich dabei Locations, um eine Auswahl für Outdoorportraits zu haben, solange das Betreten von Unternehmen noch eingeschränkt ist.
Zwei Sorten von Emails liefen in der ersten Woche des Stopps gehäuft ein: die Einen sagten alle geplanten Aufträge ab – Portraits, Kundenmagazine, Veranstaltungen – die anderen baten mich, ob ich nochmal schauen könnte, ob es von dem Portraittermin mit dem Minister oder CEO noch etwas ernstere, skeptischere Bilder gibt? Da hat es sich dann ausgezahlt, die damalige zweite Wahl nicht gelöscht zu haben. Also alle RAIDs vom Studio ins Homeoffice gebracht und alte Ordner durchgeforstet. Auf die Idee gebracht, haben auch anderen Kunden noch das eine oder andere krisengestimmte Portrait gekauft.

Eintauchen ins digitiale Archiv, um für einen Kunden, die anerkannte Stiftung >fritt ord<, Bilder zum Release der neuen Website am kommenden Montag zusammenzustellen. Ein Auftrag von vor Koronazeiten, der sich nun wunderbar mit Archivmaterial bestreiten ließ.
Insgeheim habe ich mir schon öfter eine Saisonpause gewünscht – natürlich nicht so dramatisch wie jetzt – in der man etwas Abstand zum vollen Arbeitsalltag gewinnt und Neues planen kann. Ich denke da etwas romantisch verklärt an die letzten etwas kühleren Tage des Sommers, wenn der Wirt die Stühle hereinholt, die Bar neu streicht und das Menü für die nächste Saison überlegt. Mit diesem Bild versuche ich dem neuen Arbeitsalltag unter Corona etwas Positives abzugewinnen…

Im Keller stehen seit meinem Umzug von Berlin nach Oslo vor nunmehr bald 15 Jahren die alten Kartons mit Negativen und Dias. Es wurde zu einem abendlichen Spaß, mit digitaler Mittelformatkamera und selbstgebauten Auszug, einige alte Bilder zu digitalisieren – viele aus der Arbeitswelt, wie auch heute noch.
Neben dem Blick zurück, ist es auch die Zeit für den Blick voraus: Welche Kamera-Objektiv Kombinationen funktionieren für meine Fotografie mit nun auferlegtem 2 Meter Abstand am besten – ich war mir bis dato nicht klar darüber, dass ich sonst meist 1,2 Meter Nähe suche.
In einer Checkliste die noch ausbaufähig ist, habe ich für mich und meine Kunden zusammengefasst, wie ich (und auch sie) dazu beitragen können, dass Fotografieren unter Coronabedingungen möglich ist. Hygienische Standards sind dabei ebenso, wie Kleinigkeiten z.B. den Protagonisten nicht mal schnell auf dem Display der Kamera hin und her swipen zu lassen.«

Gestern und vorgestern ging es dann für zwei kleinere Aufträge wieder raus. Sich fotografierend zwischen den Protagonisten zu bewegen, war schon früher manchmal wie ein Tanz mit dem Blick auf das Motiv – jetzt ist hinzugekommen, auch seitlich und nach hinten den 2-Meter-Abstand zu scannen. Wie Quallen in der Strömung bewegten wir uns durch das Setting – und in die veränderte Corona-Fotografenwelt.
Website von Ilja C. Hendel
Instagram-Feed von Ilja C. Hendel
LinkedIn-Profil von Ilja C. Hendel
Natürlich können Sie auch gerne über Fotogloria Kontakt zu Ilja aufnehmen – melden Sie sich jederzeit unter 040 609 42 906 -0 oder info@fotogloria.de