Die Natur inspiriert, das wissen Kreative seit Generationen. Im Falle Frank Stöckels und im Zuge seiner Wanderungen durch das Zittauer Gebirge führte das allerdings mitnichten zu romantisierenden Bildern (obschon das vorerst angedacht war), sondern zu einer Auseinandersetzung mit der Vergangenheit und in der Folge zu einer politischen Fotoarbeit.
Zu sehen ist Frank Stöckels Arbeit jedenfalls ab Ende Mai in der großen Gruppenausstellung »One World« während des Umweltfotofestivals »Horizonte Zingst« – zusammen gestellt von Kurator Klaus Tiedge (Erlebniswelt Fotografie Zingst) und Co-Kuratorin Edda Fahrenhorst (fotogloria).
WAS
Landschaftsaufnahmen, die zu einer politischen Fotoarbeit wurden.
WO
Die Arbeiten sind 2014 im Zittauer Gebirge entstanden, im Drei-Länder-Eck zwischen Deutschland, Polen und der Tschechischen Republik.
WARUM
Ich kannte die Gegend schon von einem früheren Besuch und war beeindruckt von
den auf mich fast bühnenhaft wirkenden Felsformationen in den Wäldern des Zittauer Gebirges. Eine »romantische« Bildidee war in meinem Kopf entstanden, die ich versuchen wollte bei diesem zweiten Aufenthalt in Bildern umzusetzen. Erst einmal ganz naiv, schön sollten die Bilder werden. Ich bewege mich oft fotografierend durch die mich umgebenden Landschaften, mal mit, mal ohne Kamera und entspanne dabei ganz ziellos.
Bei meiner Motivsuche stieß ich allerdings dann auf Wegbeschreibungen »entlang der Bunkerlinie«. Was für »Bunker« fragte ich mich damals und warum hier? Die Bunker am »Westwall« kannte ich, oder auch die, der Maginot-Linie aus dem ersten Weltkrieg.
Ich begann zu suchen und fand, wenige Kilometer weg von den Orten meiner »romantischen« Landschaftsfotos, die auf der deutschen Seite der Grenze schon zum Teil entstanden waren, auf der tschechischen Südseiten der Grenze, eine ganze Kette von kleinen Bunkern.
Sie waren, wie ich im Rahmen weiterer Recherche, zu meiner Überraschung, herausfand, zwischen 1934 und 1938 errichtet worden, entstanden als Bollwerk gegen einen schon damals befürchteten deutschen Überfall. Welche weitsichtigen und furchtsamen tschechischen Politiker haben eigentlich schon so früh, mehr als eine Vorahnung dessen gehabt, was in den kommenden Jahren geschehen könnte, wo doch so viele Deutsche von dem angeblich nichts gewusst haben. Tapfere tschechische Soldaten hätten hier, eingepfercht in diese engen Betonfelsen, die aus dem Norden kommenden tapferen deutschen Soldaten, in Ihrem Vormarsch aufhalten sollen. Es kam ganz anders, wie wir heute wissen. 1938/39 annektierte Hiltler das »Sudetenland« und besetzte die Tschechoslowakei.
Meine Bildpaare mit Ihren jeweiligen, so nah beieinander stehenden Felsen aus Stein und Beton, tragen in Ihrer formalen Analogie, für mich die offenen Fragen von Damals ins Heute. Wo waren die Dichter und Denker, die so geschätzten Romantiker? Wo die so begeisterten Liebhaber ihrer Werke und warum haben sie nicht schlimmeres verhindern können? Auch heute sollten wir uns, unserer so geschätzten (humanistischen) Wurzeln mehr erinnern und besonnener handeln.
WIE
Die Aufnahmen sind digital fotografiert mit Canon- und Fuji-Kameras, aber das ist eigentlich völlig unwichtig.
WER
Frank Stöckel (geb. 1959) arbeitet in Hamburg und lebt mit seiner Familie in Eutin.
In seinem Studio im Hamburger Schanzenviertel beschäftigt er sich in seinem fotografischen Alltag vornehmlich mit Stilllife-, Food- und Interieur-Fotografie für verschiedenste Kunden aus dem werblichen und redaktionellen Bereich. Seine Verbundenheit zur Landschaftsfotografie hat Ihren Ursprung in ersten fotografischen Ausflügen, die er in seiner Heimat, der schönen Holsteinischen Schweiz rund um Eutin, als Jugendlicher unternahm.