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#FacesOfPhotography – Teil 143: Nicole Keller aus Hamburg

Ihr zweites Standbein als Kreativdirektorin und Grafikdesignerin bewahrte Nicole Keller davor, überhaupt keine Jobs mehr zu bekommen. Und trotzdem sie sich noch im ersten Lockdown kreativ wie gelähmt fühlte, hat sie in den vergangenen Wochen mit ihren Hambuger Freelens- Kolleginnen und -Kollegen die Aktion »Wir geben Hamburg Perspektive« initiiert und fotografiert. Was es genau damit auf sich hat und was sie sich für die Zukunft wünscht, darüber hat sie mit den #FacesOfPhotography gesprochen:

Nicole, wie geht es Dir?
Mir geht es sehr gut. Ich habe aus verschiedenen Gründen das Gefühl, dass vielen meiner Kunden (wie auch mir) spätestens zum Jahreswechsel klar wurde, dass wir die Pandemie nicht aussitzen können und dass wir irgendwie weiter machen müssen. So begann das Jahr für mich mit sehr viel optimistischer Energie.

Was hast Du beruflich im vergangenen Jahr erlebt?
Als im März 2020 der erste Lockdown kam, empfand ich diese kollektive Auszeit – nichts zu müssen – und zu wissen, dass es allen so geht erstmal sehr erleichternd. Dann erging es mir wie den meisten Kolleginnen und Kollegen, plötzlich wurden nahezu alle geplanten Fotoaufträge abgesagt oder auf das nächste Jahr verschoben.
Glücklicherweise habe ich ein zweites Standbein als Kreativdirektorin und Grafik Designerin, hier brachen zwar auch einige Jobs weg, aber nicht so eklatant wie bei der Fotografie. Erstaunlicherweise war am Ende des Jahres der Umsatzeinbruch geringer als gefühlt, das hat mir auch gezeigt, dass da sonst einige Arbeiten dabei sind, die man wohl gut »weglassen« kann.

Hattest Du Zeit, Kapazität und Muße für freie Projekte?
Zeit hatte ich reichlich, gleichzeitig lähmte mich die Situation aber eigene Fotoprojekte anzuschieben – was ich sonst auch in gut gebuchten Zeiten irgendwie immer untergebracht habe. Jedenfalls habe ich 2020 so wenig fotografiert wie seit Jahren nicht mehr. Ich schaute bewundernd auf die freien Arbeiten der Kolleginnen und Kollegen, die mit ihren Bildern einen kreativen Umgang mit der Krise gefunden hatten. Ich wollte oder konnte dem Ganzen aber keine Aufmerksamkeit widmen.
Ein sehr schöner Zufall wollte es, daß wir mit dem ersten Lockdown auch die Zusage für ein lang ersehntes Schrebergarten-Grundstück bekamen. Mein innerer Plan war es, mich dort im Wortsinne zu vergraben und wieder aufzutauchen wenn »das« alles vorbei ist. Der Herbst kam schneller als das Ende der Pandemie.

Du hast an der Aktion »Wir geben Hamburg Perspektive« teilgenommen – was hat es damit auf sich?
Gemeinsam mit weiteren 17 Fotografinnen und Fotografen der Hamburger FREELENS Regionalgruppe haben wie eine Outdoor-Ausstellung organisiert. Dafür inszenierten wir Selbstportraits an unseren kulturellen Herzensorten, die ebenso wie wir, die derzeitigen Einschränkungen kreativ meistern müssen. Wir möchten mit unseren Bildern Aufmerksamkeit für diese Institutionen wecken, die Orte zu den Menschen bringen und damit die Vielfalt an Kunst und Kultur wieder sichtbar und erlebbar machen. Die von den Kuratoren (Jutta Schein, Ulrich Rüter und Prof. Vincent Kohlbecher) ausgewählten 30 Motive präsentieren wir an rund 80 Litfaßsäulen, die bis dato mit zerfetzten Plakaten traurig an Veranstaltungen erinnerten, die nie stattgefunden haben. Am 22. März wurde diese Outdoor-Ausstellung von Kultursenator Carsten Brosda eröffnet und ist bis Ende April im gesamten Stadtraum zu sehen.
Für mich war dieses Projekt ein sehr besonderes, es weckte mich regelrecht aus dem »Corona-Schlaf«. Das Arbeiten mit den Kolleginnen und Kollegen, das in Kontakt treten mit den Herzensorten war Inspiration und Motivation zugleich.

Was denkst Du – hat die Pandemie die Fotografie oder auch den Blick auf die Fotografie verändert?
Ich glaube die Pandemie zeigt in ganz vielen Bereichen Dinge auf, die vorher auch schon da waren, aber im Grundrauschen nicht so deutlich wahrgenommen wurden. So hat sie beispielsweise die Digitalisierung mit all ihren Vor- und Nachteilen deutlich beschleunigt. Dass es die dadurch entstandene und weiter entstehende Bilderflut für uns nicht leichter macht, ist keine Neuigkeit. Gleichzeitig glaube ich, dass wir gerade auch stark erleben wo die Grenzen der Digitalisierung liegen und an welchen Stellen die persönliche Begegnung und das »Echte« wichtig ist. Vielleicht ist das ja auch eine Chance, daß wir nicht nur als diejenigen gesehen werden, die das Foto schießen, sondern als diejenigen, die kreative Ideen liefern, die das Fotokonzept erstellen, das Shooting managen, als Coach oder Psychologe am Set agieren und zuverlässige Umsetzungen garantieren.

Hat sich Deine Fotografie mit der Pandemie verändert?
Ich glaube nicht dass sich meine Fotografie verändert hat. Was die Pandemie aber geschafft hat ist, dass ich für mich mein fotografisches Profil geschärft habe und mir die Auszeit den Raum gegeben hat genau zu überlegen, welche Jobs und Projekte ich mit welchen Menschen und zu welchen Konditionen machen möchte. Ein Fakt, der nach Jahren endlich in eine neue Website mündete in der ich nun auch meine verschiedenen Disziplinen unter einem Dach verbinde.

Was ist Dein persönlicher fotografischer Wunsch für die Zukunft?
Ich wünsche mir, daß dieser unglaublich kollegiale solidarische Umgang unter uns Fotografinnen und Fotografen, wie ich ihn bei unserem FREELENS-Projekt erlebt habe und über den ich auch hier in den teilweise sehr persönlichen Interviews auf Eurem Blog gelesen habe auch weiterhin bestehen bleibt.
Zudem wünsche ich mir, dass die Wertschätzung der Solo-Selbständigen stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein rückt und die Politik das mit echten Taten untermauert. Aber das gilt nicht nur für die Fotografie.

Website von Nicole Keller
Xing-Seite von Nicole Keller

Natürlich können Sie auch gerne über Fotogloria Kontakt zu Nicole aufnehmen – melden Sie sich jederzeit unter 040 609 42 906 -0 oder info@fotogloria.de