#FacesOfPhotography – Teil 24: Andrea Artz aus London

Andrea Artz ist Künstlerin und Corporate-Fotografin aus London und genießt die Zeit, die sie jetzt hat und nutzt ebenjene für ihre freien Projekte. Für die #FacesOfPhotography erzählt sie darüber:

Andrea, Du arbeitest auf zweierlei Feldern – einmal als Corporate-Fotografin, einmal als Fotokünstlerin an Langzeitprojekten – wie ist es sowohl um das eine, als auch um das andere zur Zeit bestellt?
Fotoaufträge kommen im Moment keine rein, aber ich hatte endlich Zeit meine Website zu erneuern. Ich war zwei Wochen in totaler Selbstisolation in meiner Co-Op Wohnung in Rotherhithe, nicht einmal aus dem Apartment durfte ich, aber glücklicherweise hat unser Apartment Zugang zu einer Dachterrasse mit Blick auf die Themse, Tower Bridge und Shard. Mein Tagesablauf war, einen Kilometer auf dem Dach hin und her zu laufen und dann an meiner Website zu arbeiten.
Seit ein paar Tagen darf ich wieder raus und laufe täglich durch meine Nachbarschaft Rotherhithe, eine ehemalige Werftgegend und der Ort von dem die ersten Pilger mit der Mayflower nach Amerika gefahren sind. Es ist wunderbar endlich Zeit zu haben, mehr über seine Umgebung zu erfahren und ohne ein bestimmtes Ziel durch London zu laufen und seine Eindrücke mit der Kamera einzufangen.

Ich bin eigentlich Portrait, Corporate Reportage und Reisefotografin und nicht wirklich Street Photographer, aber vor ein paar Tagen hatte ich das Glück einen Dickens Charakter zu fotografieren, der das Big Issue (Obdachlosen Magazin) mit einem Florence Nightingale Cover hochhält. Er wollte kein Geld, aber er wollte fotografiert werden und nannte sich Banksy.

Außerdem arbeite ich an dem Virtual Reality Projekt „Ghost Weight Experience“, dass vom Arts Council England Lottery Funding finanziell unterstützt wird. Letzte Tage hatten wir (Virtual Reality Developer, Komponistin und Autor) ein Zoom Meeting um das Projekt zu besprechen. Die Arbeit sollte im Juni fertig sein und in einer Ausstellung präsentiert werden, aber nun ist alles auf das nächste Jahr verschoben. In dem Projekt geht es um Fotografie und fotografische Portraits, die in der Cloud rumschwirren. Der Besucher der virtuellen Welt kann sich fotografieren lassen und dann in einer anderen Dimension mit den Seelen der Toten kommunizieren. Dazu fährt er mit einem Gefährt, das sich Soulgrapher nennt und aus Teilen einer Graflex Kamera besteht.

Woran würdest Du ohne Krise zurzeit arbeiten und woran arbeitest Du jetzt?
Ich hatte einen längeren Auftrag für Klett Language Books im April, der in den Juli verschoben wurde und der hoffentlich dann auch stattfindet. Im Juli sollte ich auch in Oxford für Oxbridge Academic Programs Fotografie unterrichten, aber ich nehme an das wird abgesagt. Ich hätte an dem Virtual Reality Projekt gearbeitet, was ich auch jetzt tue, aber ich habe nun viel mehr Zeit, um es noch viel besser zu machen. Und ich werde täglich meine »London Walks« machen, meine „erlaubte Bewegung“ und dabei fotografieren. Bisher habe ich noch kein bestimmtes Ziel für die Serie, aber als Ansatz finde ich es interessant Menschen zu portraitieren, die sonst übersehen werden, vielleicht den Big Issue Verkaüfer, den Postmann, den Lieferdienst-Fahrer oder die Supermarkt-Kassiererin.

Was erfährst Du im Austausch mit Deinen englischen Fotograf*innen-Kolleg*innen über die Lage des Marktes in Großbritannien?
Keiner weiß genau wie es sich weiterentwickelt, aber die Kreativen und Fotografen sind beschäftigt und freuen sich einerseits Zeit für freie Projekte zu haben, andererseits aber haben Sie Angst wie es nach Corona weitergeht.
Der Staat hat den Selbständigen eine Hilfe zugesagt, die von Juni an ausgezahlt werden soll. Man bekommt 80 Prozent seines durchschnittlichen Nettoeinkommens erstmal für drei Monate als eine Gesamtsumme ausgezahlt. Das ist nicht viel aber alles hilft.

Kannst Du der Situation derzeit trotzdem etwas Positives abgewinnen?
Ja! Ich kann ganz konzentriert an meinen Projekten arbeiten und habe die Möglichkeit etwas Neues (im Stil oder Ansatz) in der Fotografie auszuprobieren. Es ist toll mehr Risiken einzugehen und freier zu arbeiten was sich dann auf Jobs in der Zukunft positiv auswirken kann. Und ich freue mich natürlich über so tolle Initiativen wie Eure, die uns Fotografen vorstellt.

Was ist Dein fotografischer Wunsch für die Zeit nach der Krise?
Ich wünsche mir gute Jobs mit interessanten Themen und Begegnungen mit ebenso interessanten Menschen. Ich wünsche mir auch mehr Zeit zu haben während der Fotosessions, vielleicht illusorisch aber vielleicht ändern sich ja wirklich ein paar Dinge zum positiven. Ich hatte immer das Gefühl seit digitalen Zeiten haben die Menschen weniger Zeit, das ist schade.

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